Myths & Facts: Deutsch
Behauptungen und Tatsachen: Aktuelle KontroversenBehauptungen
Behauptung»Die Eskalation der Gewalt Ende des Jahres 2000, von den Arabern als ›Al-Aksa-Intifada‹ bezeichnet, wurde durch Ariel Sharons Besuch auf dem Tempelberg provoziert.« Tatsache Wenn man den Wortführern der Palästinenser glauben will, wurden die Unruhen durch die Entweihung einer heiligen Stätte des Islam, des Haram al-Sharif (Tempelberg), durch den Besuch des Likudvorsitzenden Ariel Sharon und seiner Begleiter – »eines Riesenaufgebots israelischer Soldaten« – provoziert. Die Gewalt ging angeblich von unprovozierten Angriffen der israelischen Streitkräfte aus, die in von Palästinensern kontrolliertes Gebiet eindrangen und schutzlose palästinensische Zivilisten »massakrierten«, die lediglich zur Selbstverteidigung Steine warfen. Um die Gewalt zu beenden, hätte Israel nur das Feuer einstellen und seine Truppen aus den palästinensischen Gebieten abziehen müssen. Die Wahrheit sieht völlig anders aus. Imad Faluji, der Kommunikationsminister der palästinensischen Autonomiebehörde, gab Monate nach dem Besuch Sharons zu, dass diese Ausschreitungen bereits im Juli, lange vor der so genannten »Provokation« Sharons, geplant gewesen waren. »Es [die Unruhen] war seit der Rückkehr des Vorsitzenden Arafat aus Camp David geplant, als dieser in den Gesprächen mit dem damaligen amerikanischen Präsidenten den Spieß umdrehte und die Bedingungen der Amerikaner ablehnte.«1 Die Ausschreitungen begannen bereits vor dem Besuch Sharons am 28. September 2000 auf dem Tempelberg. Am Tag zuvor war bei der Explosion einer Bombe am Grenzübergang Netzarim ein israelischer Soldat getötet worden. Am nächsten Tag erschoss ein palästinensischer Polizist, der sich mit einem israelischen Kollegen auf einem gemeinsamen Patrouillengang befand, in der Stadt Kalkilya in der Westbank seinen israelischen Begleiter. »Der Sharon-Besuch war nicht der Auslöser der ›Al-Aksa-Intifada‹.« Fazit des Mitchell-Reports, 4. Mai 2001 Die offiziellen Medien der palästinensischen Autonomiebehörde riefen die Palästinenser zum Aufstand auf. Am 29. September forderte die ›Stimme Palästinas‹, der offizielle Rundfundsender der palästinensischen Autonomiebehörde, »alle Palästinenser« auf, »sich aufzumachen und die Al-Aksa-Moschee zu verteidigen«. Die Behörde schloss ihre Schulen und beförderte palästinensische Schüler mit Bussen auf den Tempelberg, damit sie dort an den organisierten Ausschreitungen teilnehmen konnten. Unmittelbar vor Rosch Haschana (30. September), dem jüdischen Neujahrsfest, als Hunderte von Israelis an der Westmauer beteten, begann eine weit höhere Zahl arabischer Demonstranten, die israelische Polizei und die betetenden Juden mit Ziegeln und Steinen zu bewerfen. Danach breiteten sich die Unruhen über ganz Israel, die Westbank und den Gazastreifen aus. Der Minister für Innere Sicherheit Shlomo Ben-Ami hatte Sharon gestattet, den Tempelberg zu besuchen – immerhin die heiligste Stätte des Judentums, die die Muslime in Haram al-Sharif umbenannt haben und als drittheiligste Stätte des Islam verehren. Zuvor hatte er mit dem palästinensischen Sicherheitschef Jabril Rajoub Rücksprache genommen und die Zusicherung erhalten, dass alles ruhig bleiben würde, wenn Sharon die Moscheen nicht beträte. Erst als Rajoub später erklärte, dass die palästinensische Polizei nichts unternehmen würde, um gewalttätige Ausschreitungen während des Besuchs zu unterbinden, entstand die Notwendigkeit, Sharon – mit einigen Hundertschaften Polizisten, nicht mit Tausenden von Soldaten – zu schützen. Sharons Besuch auf dem Tempelberg endete friedlich; die eigentliche, organisierte Eskalation der Gewalt von Seiten der Palästinenser setzte erst am folgenden Tag nach den Freitagsgebeten ein. In Wirklichkeit waren es die Palästinenser, die heilige Stätten entweihten, nicht die Israelis. Im Oktober 2000 zerstörte der palästinensische Mob ein jüdisches Heiligtum in Nablus – das Josephsgrab – und verbrannte jüdische Gebetbücher. Die Palästinenser bewarfen die Betenden an der Westmauer mit Steinen und attackierten das Rachelgrab in Bethlehem mit Brandbomben und Maschinengewehren. Keiner dieser Übergriffe wurde durch israelische Sicherheitskräfte provoziert, die im Gegenteil erst eingriffen, als die palästinensischen Angriffe weit über Steinwürfe hinaus eskalierten und sich zu massiven Maschinengewehrsalven und Lynchversuchen an israelischen Soldaten ausgeweitet hatten. Die meisten bewaffneten Angreifer waren Mitglieder der Tanzim – der Miliz Arafats. »Die Jerusalemfrage, das Flüchtlingsproblem und die Frage der Unabhängigkeit bilden eine Einheit und werden vor Ort und nicht am Verhandlungstisch gelöst. Im Augenblick ist es vor allem nötig, die palästinensische Gemeinschaft auf die Herausforderungen vorzubereiten, die auf sie zukommen, denn wir steuern unaufhaltsam auf eine gewaltsame Konfrontation mit Israel zu, um neue Tatsachen vor Ort zu schaffen ... Ich glaube, dass die Situation in Zukunft noch stärker von Gewalt geprägt sein wird als während der Intifada.« Abu-Ali Mustafa von der palästinensischen Autonomiebehörde, 23. Juli 2002 2 Die unverhältnismäßige große Zahl palästinensischer Opfer war unvermeidlich, wenn eine irreguläre, schlecht ausgebildete Miliz eine geschulte, reguläre Armee angriff, wie es der Fall war. Dazu kam, dass die Tanzim sich bei ihren Anschlägen immer wieder hinter palästinensischen Zivilisten verschanzten. Da alle Angriffe von Palästinensern ausgingen, die unmittelbar unter dem Befehl Arafats standen, kann auch nur Arafat der Gewalt Einhalt gebieten. Israel und die Vereinigten Staaten haben ihn denn auch aufgefordert, eben dies zu tun und den Friedensprozess wieder in Gang zu bringen. »Gewalt ist eine verständliche und legitime Reaktion auf Israels Politik.« Tatsache Der Grundsatz des Friedensprozesses ist es, dass Streitfragen in Verhandlungen gelöst werden. Eine der Bedingungen Israels vor seiner Zustimmung zu Verhandlungen mit der PLO war, dass die Organisation keine weiteren terroristischen Anschläge verübt. Auf dem Papier wurde diese Bedingung angenommen, doch seit dem Beginn des Friedensprozesses in Oslo im Jahr 1993 haben die PLO und andere palästinensische Gruppen und Einzelpersonen immer wieder Gewalttaten begangen. Ganz gleich, ob Israel Zugeständnisse machte oder nicht, die Anschläge gingen weiter. Teils werden sie mit angeblichen Übergriffen von den Israelis gerechtfertigt, teils sind es bewusste Versuche, die Verhandlungen zu sabotieren. Doch wie auch immer – in jedem Fall trägt die palästinensische Autonomiebehörde, die eine fast 40000 Mann starke Polizeitruppe (größer, als sie ihr im Rahmen der Friedensabkommen zugestanden wurde) und ein umfassendes Nachrichtensystem besitzt, die Verantwortung für die Wahrung des Friedens. Seit der Unterzeichnung der Prinzipienerklärung 3 (13. September 1993 - 11. August 1999)
»Die Al-Aksa-Unruhen richten im israelischen Kernland keinen Schaden an, da sich die Demonstrationen auf Zusammenstöße mit der israelischen Armee in der Westbank und im Gazastreifen beschränken.« Tatsache Die Unruhen in der Westbank und im Gazastreifen haben zahllose Zivilisten und Soldaten das Leben gekostet. Auch im israelischen Kernland haben Terroristen im Namen dieses Aufstands immer wieder heimtückische Anschläge verübt. Die Eskalation der Gewalt blieb nicht ohne Auswirkungen auf die psychische Verfassung der israelischen Bevölkerung, das israelische Militär und die israelische Wirtschaft. Viele Landstriche in Israel und den besetzten Gebieten können nicht mehr gefahrlos bereist werden. Auch in Städten wie Gilo, die außerhalb der besetzten Gebiete liegen, kommt es immer wieder zu Zwischenfällen mit palästinensischen Heckenschützen. Der Aufstand hat den Glauben vieler Israelis, dass nach bestimmten territorialen Zugeständnissen Israels ein Friede mit den Palästinensern möglich sei, erschüttert. Auch die Schlagkraft der Armee ist von diesem Zustand betroffen, weil die Soldaten von der Ausbildung und Vorbereitung auf die Bedrohung durch feindliche Nationen von außen abgezogen und zur Bekämpfung des Terrorismus und innerer Unruhen eingesetzt werden müssen. Und nicht zuletzt haben die Aufstände zu einem starken Rückgang des Tourismus geführt, was massive Einbußen bei den damit verbundenen Wirtschaftszweigen zur Folge hatte. So haben etwa 64000 Israelis wegen der Unruhen ihre Arbeitsstellen verloren. 4 Doch nicht nur die Israelis leiden unter der Situation. Der Rückgang des Tourismus trifft auch die Palästinenser. So hat zum Beispiel die Zahl der Besucher, die alljährlich nach Bethlehem kommen, stark abgenommen. Das Gleiche gilt für andere Pilgerstätten im Verwaltungsbereich der palästinensischen Autonomiebehörde. Die palästinensischen Ladenbesitzer an Orten wie der Altstadt in Jerusalem machen schlechtere Geschäfte, seit weniger Touristen kommen. Terroranschläge zwingen Israel darüber hinaus, palästinensischen Arbeitern immer wieder die Einreise nach Israel zu verbieten – das geht zu Lasten von Einzelnen, die nur den Lebensunterhalt für sich und ihre Familien verdienen möchten. »Israel hat versucht, die Palästinenser wirtschaftlich zu schädigen, indem es Steuergelder zurückhielt, die es der palästinensischen Autonomiebehörde schuldete.« Tatsache Anfang 2001 beschloss Israel, wegen der anhaltenden Terroranschläge über 50 Millionen Dollar Steuergelder, die das Land der palästinensischen Autonomiebehörde schuldete, zurückzuhalten. Die Vereinigten Staaten und andere Länder drängten Israel, das Geld weiterzuleiten, da die Autonomiebehörde wegen des daraus resultierenden finanziellen Engpasses zum Teil ihre Rechnungen nicht bezahlen konnte. Israel räumte zwar ein, dass es sich um eine harte Maßnahme handelte, hielt sie aber für nötig, um den Palästinensern zu zeigen, dass ihr Unvermögen oder ihre mangelnde Bereitschaft, der Gewalt ein Ende zu machen, Folgen hatte. Israel muss seine Bürger schützen, und diese wirtschaftliche Sanktion war letztlich immer noch milder, als es ein militärischer Vergeltungsschlag gewesen wäre. Während man Israel die Schuld an dem maroden Zustand der palästinensischen Wirtschaft in die Schuhe schob, verzögerten in Wirklichkeit die arabischen Länder die Weiterleitung von Spendengeldern in Millionenhöhe unter dem Vorwand, man sei in Sorge, dass die Mittel veruntreut und die Korruption innerhalb der palästinensischen Autonomiebehörde dadurch gefördert werden könnte.5 »Der Tempelberg war schon immer eine heilige Stätte des Islam, während das Judentum keinerlei Bindung an den Ort hat.« Tatsache Im Januar 2001 erklärte der von der palästinensischen Autonomiebehörde ernannte Mufti von Jerusalem, Ikrima Sabri, gegenüber der deutschen Zeitung Die Welt: »Es gibt nicht den kleinsten Hinweis darauf, dass an dieser Stätte je ein jüdischer Tempel stand. In der ganzen Stadt weist nicht ein einziger Stein auf jüdische Geschichte hin.« Diese Auffassung wird von einem Buch mit dem Titel A Brief Guide to al-Haram al-Sharif widerlegt, das der Oberste Muslimische Rat 1930 veröffentlichte. Der Rat, das höchste muslimische Gremium in Jerusalem während des britischen Mandats, erklärt darin, dass der Tempelberg »eine der ältesten heiligen Stätten der Welt ist. Seine Identität mit der Stätte des salomonischen Tempels steht außer Zweifel. Darüber hinaus gilt allgemein als erwiesen, dass dies die Stätte ist, an der David dem Herrn einen Altar errichtete und ihm Brand- und Friedensopfer darbrachte.« In einer Beschreibung des Areals der Ställe Salomos, die die islamischen Vertreter des Waqf 1996 in eine Moschee umbauen ließen, heißt es: »... über die Frühgeschichte des Bauwerks ist wenig bekannt. Sie reicht wahrscheinlich ebenso weit zurück wie der Bau des salomonischen Tempels ... Nach Josephus haben sie tatsächlich existiert und dienten den Juden während der Eroberung Jerusalems durch Titus im Jahr 70 n. Chr. als Zuflucht.« 6 Mit noch größerer Autorität bechreibt der Koran – das heilige Buch des Islam – Salomos Bau des Ersten Tempels (34,13) und berichtet auch von der Zerstörung des Ersten und des Zweiten Tempels (17,7). Die jüdische Verbindung zum Tempelberg reicht also über 3000 Jahre zurück und ist in Überlieferung und Geschichte verwurzelt. Auf dem Berg Moria, dem heutigen Tempelberg, band Abraham seinen Sohn Isaak, um ihn Gott als Opfer darzubringen. Im Allerheiligsten des Ersten Tempels stand die Bundeslade, und sowohl der Erste als auch der Zweite Tempel waren bis zur Zerstörung des Zweitens Tempels durch die Römer Mittelpunkte jüdischen Lebens und Glaubens. Nach der Zerstörung des Zweiten Tempels waren nacheinander mehrere Besatzermächte Herren des Tempelbergs. In der Anfangszeit der muslimischen Herrschaft wurde an der Stätte der ehemaligen jüdischen Tempel der goldgekrönte Felsendom errichtet. Streng orthodoxe Juden besuchen den Tempelberg nicht, aus Angst, dort unwissentlich das Allerheiligste zu betreten, in dem die Bundeslade stand, weil man nicht genau weiß, an welcher Stelle es sich befand. Andere Juden und Nicht-Muslime aber besuchen ihn im vollen Wissen und mit der Zustimmung des Waqf, da sie die Gebetszeiten und Kleidungsvorschriften respektieren und damit die Heiligkeit der Stätte nicht entweihen. »Israel darf nicht die Kontrolle über den Tempelberg haben, weil es den Muslimen den Zugang zu ihren heiligen Stätten verwehrt.« Tatsache Israel hat die Kontrolle über den Tempelberg seit 1967 aufgeteilt. Damals gestattete Verteidigungsminister Moshe Dayan nach der Wiedervereinigung Jerusalems dem islamischen Waqf, weiterhin die Zivilhoheit auf dem Tempelberg auszuüben. Der Waqf regelt das Alltagsleben auf dem Tempelberg. Die Israelis sind lediglich am Eingang des Tempelbergs präsent, um sicherzustellen, dass Angehörige aller Religionen Zugang zu den heiligen Stätten erhalten. Nur in Zeiten massiver Spannungen, wenn die Gefahr gewalttätiger Ausschreitungen es nötig machte, die Anzahl der Besucher einzuschränken, hat Israel Muslimen den Zutritt zum Tempelberg verwehrt. Durch diese Vorsichtsmaßnahme sollten Gläubige aller Religionen und die Heiligtümer in der Altstadt geschützt werden. Sie wurde jeweils schon nach ein bis zwei Tagen wieder aufgehoben. »Die Palästinenser haben die archäologischen Schätze des Tempelbergs sorgfältig bewahrt.« Tatsache Obwohl der Waqf die israelische Kontrolle über den Tempelberg nicht anerkannte, arbeitete er bei den auf dem Areal anfallenden Arbeiten lange Zeit mit israelischen Inspektoren zusammen. Nach den 1993 in Oslo getroffenen Vereinbarungen wurde das von Jordanien gelenkte Gremium jedoch mit Vertretern besetzt, die der palästinensischen Autonomiebehörde verpflichtet waren und Israel die Zusammenarbeit aufkündigten, nachdem es im Anschluss an Israels Entscheidung, einen bisher geschlossenen Ausgang des Westmauer-Tunnels zu öffnen, zu Unruhen gekommen war. Von da an durften die israelischen Inspektoren die Bauarbeiten auf dem Berg nicht mehr überwachen, sodass höchstwahrscheinlich unwiederbringliche archäologische Relikte aus der Zeit des Ersten und Zweiten Tempels vernichtet werden oder verloren gehen. Nach Aussage israelischer Archäologen wurden bei den umfangreichen Aushubarbeiten tausende Tonnen Kies – der möglicherweise wichtige archäologische Zeugnisse enthielt – vom Tempelberg fortgeschafft und auf Erddeponien entsorgt. Experten sind der Ansicht, dass eventuell doch noch auftauchende Artefakte, auch wenn sie nicht zerstört werden, für die Archäologie dennoch wertlos sind, weil die palästinensischen Arbeiter Funde aus unterschiedlichen Epochen vermischen, wenn sie die Erde mit ihren Bulldozern aufreißen.7 Angesichts der besonderen Tempelberg-Problematik und der ohnehin zwischen Israelis und Palästinensern bestehenden Spannungen in der Jerusalemfrage hat die israelische Regierung sich bislang nicht in die Aktivitäten des Waqf eingemischt. Währenddessen geht der Ausverkauf der Vergangenheit weiter. »Israel geht mit völlig unangemessener Härte gegen ein paar Steine werfende Kinder vor.« Tatsache Die Palästinenser, gleich, ob jung oder alt, greifen israelische Zivilisten und Soldaten mit allen möglichen Waffen an. Wenn sie Steine werfen, dann nicht harmlose Kieselsteine, sondern große Steinbrocken, die schwerste Verletzungen hervorrufen können. Man braucht sich nur vorzustellen, wie es ist, von einem Stein am Kopf getroffen zu werden. In der Regel sind die Angegriffenen in der Minderzahl, weniger als 20 Personen, während die Angreifer, bewaffnet mit Molotowcocktails, Pistolen, Gewehren, Maschinengewehren, Handgranaten und Sprengstoffen, in die Hunderte gehen. Handelt es sich bei den Angreifern »nur« um Steinewerfer, so sind auch immer wieder Palästinenser darunter, häufig Polizisten, die mit Gewehren bewaffnet sind. Angesichts eines wütenden, gewalttätigen Mobs aber haben israelische Polizisten und Soldaten oft keine andere Wahl, als sich mit dem Einsatz von Gummigeschossen und – in lebensbedrohlichen Situationen – auch von scharfer Munition zu verteidigen. Der Einsatz scharfer Munition auf Seiten der Palästinenser hatte zur Folge, dass die israelischen Sicherheitskräfte sich in sicherer Entfernung von den Anstiftern der Gewalt halten mussten. Dazu kam, dass die Gewaltandrohung gegen die Israelis grundsätzlich als Todesdrohung gemeint war. Beide Faktoren haben den Einsatz traditioneller Mittel zur Unterdrückung der Unruhen verhindert. Die Einsatzvorschriften für israelische Soldaten in den besetzten Gebieten gestatten den Gebrauch von Waffen nur in lebensbedrohlichen Situationen oder unter bestimmten Einschränkungen bei der Verhaftung von Personen, die im Verdacht eines schwerwiegenden Verstoßes gegen die innere Sicherheit stehen. Das Vorgehen der israelischen Streitkräfte zeichnete sich in allen Fällen durch große Zurückhaltung und die Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit aus, wobei gleichzeitig alles getan wurde, um unschuldige Zivilisten zu schützen. Inzwischen setzten die Palästinenser bei ihren Terroranschlägen gegen die Israelis Granatwerfer und Panzerabwehrraketen ein, die illegal in den Gazastreifen eingeschmuggelt wurden. Jüdische Gemeinden in Gaza und Netzarim wurden mit Granaten beschossen, und auf die israelischen Streitkräfte in Gaza wurden nach Armeeberichten zweimal Panzerabwehrraketen abgefeuert. Der Stabschef der israelischen Verteidigungsstreitkräfte, Shaul Mofaz, erklärte am 28. Februar 2001 vor führenden Vertretern des amerikanischen Judentums, dass die palästinensische Autonomiebehörde Waffenlager angelegt hat. Die Waffen wurden auf dem Seeweg und durch unterirdische Tunnel nach Ägypten ins Land geschafft. Der Besitz und Gebrauch dieser und anderer Waffen verstößt gegen Zusicherungen, die die Palästinenser im Rahmen mehrerer Abkommen gegeben hatten. Nach den Vereinbarungen von Oslo waren die einzigen in den von Palästinensern kontrollierten Gebieten erlaubten Waffen Handfeuerwaffen, Gewehre und Maschinengewehre, und auch das Führen dieser Waffen war den Sicherheitsbeamten der Autonomiebehörde vorbehalten. Die jüngsten Ausschreitungen beweisen jedoch, dass neben der Polizei auch palästinensische Zivilisten und Milizmitglieder wie die Tanzim im Besitz solcher Waffen sind. 8 Die Zahl der palästinensischen Opfer bei den Zusammenstößen ist bedauerlich, doch man darf nicht vergessen, dass kein Palästinenser in Gefahr wäre oder verletzt würde, wenn es keine Angriffe auf die Israelis gäbe. Und wenn die Kinder in der Schule oder zu Hause bei ihren Familien wären, statt auf der Straße Steine zu werfen, würde ihnen nichts geschehen. Außerdem mindert die größere Zahl der Todesopfer auf palästinensischer Seite nicht die traumatischen Verluste für die Israelis. Vom 29. September 2000 bis zum 25. April 2001 wurden 74 israelische Juden, darunter 43 Zivilisten, von Palästinensern getötet. 9 Aufschlussreich ist auch ein Blick auf die Art und Weise, wie die Vereinigten Staaten und andere Völker der westlichen Welt mit einem aufgebrachten Mob umgehen. Wenn die Polizei angegriffen wird, kommt es immer wieder zu Übergriffen, doch niemand verlangt, dass die Männer sich einfach hinstellen und ihr Leben in Gefahr bringen sollen, nur um die internationale Öffentlichkeit nicht gegen sich aufzubringen. Einzig und allein den Israelis wird das Recht auf Selbstverteidigung abgesprochen, oder es wird propagandistisch ausgeschlachtet, wenn sie Notwehr üben. »... das palästinensische Volk wird seinen Weg fortsetzen, bis die palästinensische Flagge über der Stadtmauer Jerusalems, über den Minaretten Jerusalems und über den Kirchen Jerusalems weht.« Jassir Arafat 10 »Die palästinensische Autonomiebehörde lässt Terroristen verhaften und illegale Waffen konfiszieren, um Gewalttaten zu verhindern.« Tatsache Zu bestimmten Zeiten war die Zusammenarbeit zwischen den israelischen und den palästinensischen Sicherheitskräften durchaus gut, was Israel öffentlich hervorhob. In einer größeren Zahl von Fällen aber hat die Behörde es versäumt, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um Terroranschläge auf Israelis zu verhindern. Es wurden zwar viele Terroristen festgenommen, meist aber kurz darauf wieder auf freien Fuß gesetzt, und zumindest einige von ihnen waren danach abermals in terroristische Aktivitäten verwickelt. Darüber hinaus befinden sich große Mengen illegaler Waffen im Besitz der palästinensischen Autonomiebehörde, darunter Maschinengewehre, Handgranaten, Sprengstoffe und Granatwerfer. Trotz wiederholter Versprechungen wurde nichts unternommen, um diese Waffen einzuziehen. Im Gegenteil, die Autonomiebehörde hat ihr Arsenal gezielt aufgestockt. Dies stellt einen schweren Verstoß gegen die mit Israel getroffenen Abkommen dar, der Misstrauen weckt und Israels Sicherheit bedroht. »Im Bericht des amerikanischen Außenministeriums über Menschenrechtsverletzungen aus dem Jahr 2000 sind auch Misshandlungen von Israelis an Palästinensern dokumentiert.« Tatsache Es ist richtig, dass das amerikanische Außenministerium Israel mehrmals wegen Misshandlungen an Palästinensern kritisiert hat, doch in dem oben erwähnten Bericht über Menschenrechtsverletzungen wurden die Ereignisse aus dem Kontext gerissen und verzerrt dargestellt. Die Realität sieht so aus, dass Israel sich mit den Palästinensern im Krieg befindet und selbst tagtäglich Angriffen und Anschlägen ausgesetzt ist. Auch in den Vereinigten Staaten, die sich nicht im Krieg befinden, kommt es hin und wieder zu Übergriffen durch die Polizei, wenn diese in dem Versuch, ein Verbrechen zu verhindern, Gewalt anwenden muss. Israel hat die gleichen demokratischen Grundsätze wie die Vereinigten Staaten. Diese Grundsätze fordern, dass solche Zwischenfälle untersucht und die Verantwortlichen, wenn sich der Verdacht bestätigt, bestraft werden. Mehrere Menschenrechtsorganisationen, die in Israel präsent sind, haben ein wachsames Auge auf derartige Vorkommnisse und zögern nicht, ihre Bedenken nötigenfalls öffentlich zum Ausdruck zu bringen. Israels Bereitschaft zur Untersuchung solcher Vorkommnisse und seine selbstkritische Haltung stehen dabei in schroffem Gegensatz zum Verhalten der Palästinenser und anderer arabischer Regierungen, die systematisch Menschenrechtsverletzungen begehen, keinerlei Gremien haben, die in solchen Fälle zuständig sind, und auch keine Nachforschungen durch ausländische Menschenrechtsorganisationen zulassen. Einer der Gründe, warum in Israel begangene Menschenrechtsverletzungen so große Aufmerksamkeit erregen, liegt darin, dass Israel eine Demokratie mit einer freien Presse ist, sodass die ganze Welt erfährt, was im Land geschieht. In der abgeschotteten monarchischen und diktatorischen arabischen Welt hingegen bleiben Menschenrechtsverletzungen unbeachtet. »Die im Fernsehen gezeigte Erschießung eines Kindes, die der Vater des Kindes zu verhindern versucht, beweist, dass Israel nicht davor zurückschreckt, unschuldige palästinensische Kinder zu töten.« Tatsache Ein Foto zeigt eine Luftaufnahme des israelischen Militärs vom Grenzübergang Netzarim im Gazastreifen, wo der zwölfjährige Mohammed Aldura getötet wurde. Auf dem Foto ist der Standort von Vater und Sohn markiert. Die beiden suchten neben einem bewaffneten palästinensischen Posten Deckung. Als palästinensische Polizisten von diesem Posten aus auf eine gegenüber liegende israelische Stellung schossen, erwiderten die israelischen Soldaten das Feuer. Bei dem folgenden Schußwechsel wurde offenbar das Kind getroffen und getötet. Die Erklärungen dafür, warum der Vater und das Kind sich bei dem Zwischenfall an einer so ungünstigen Stelle aufhielten, gehen auseinander. Das am 27. November 2000 bekanntgegebene Ergebnis einer von den israelischen Sicherheitskräften angeordneten Untersuchung ergab, dass Aldura höchstwahrscheinlich von einem palästinensischen Polizisten und nicht von den israelischen Soldaten getötet wurde. Die Untersuchung ist noch nicht endgültig abgeschlossen, aber »die Wahrscheinlichkeit, dass sie von Palästinensern erschossen wurden, ist größer als die, dass sie von Israelis erschossen wurden«, erklärte Generalmajor Yomtov Samia. Nach Samia basiert dieses Ergebnis auf einer gründlichen Analyse aller Informationen, die die Armee zu dem Zwischenfall zusammentragen konnte; er fügte allerdings hinzu, dass noch eine Reihe von Fragen offen sind, darunter die, warum Aldura und sein Vater Jamal (37) aus dem Flüchtlingslager El-Bureij in Gaza an den Übergang kamen, nachdem dort bereits seit mehreren Stunden Schüsse fielen, und warum sie nicht wie viele andere flohen.11 »Die palästinensischen Flüchtlinge haben das Recht, in ihre Heimat zurückzukehren; ihre Rückkehr ist die Vorbedingung für eine endgültige Beilegung des Konflikts.« Tatsache Israel hat sich von Anfang an um eine Lösung des Flüchtlingsproblems bemüht. David Ben-Gurion sagte bereits am 1. August 1948, dass die Flüchtlingsfrage Teil einer umfassenden Lösung sein müsse, »wenn die arabischen Staaten bereit sind, einen Friedensvertrag zu schließen«.12 Trotz der unzweifelhaften Gefahr, die die Repatriierung der Araber in einen Staat, dessen Existenz sie ablehnten, darstellte, gestattete Israel einer gewissen Anzahl von Flüchtlingen die Rückkehr und bot an, im Fall der Unterzeichnung eines Friedensvertrags eine noch größere Zahl aufzunehmen. 1949 machte Israel das Angebot, Familien, die durch den Krieg getrennt worden waren, wieder zusammenzuführen, und erklärte sich zur Aufnahme von 100000 Flüchtlingen bereit.13 Doch die Araber lehnten alle israelischen Kompromissvorschläge ab. Sie wollten nichts unternehmen, was ihnen als Anerkennung des israelischen Staates hätte ausgelegt werden können. Stattdessen machten sie die Repatriierung zur Vorbedingung für Verhandlungen, was wiederum Israel ablehnte. Das Ergebnis war die Unterbringung der Flüchtlinge in Lagern. Daraufhin griffen die Vereinten Nationen die Flüchtlingsfrage auf und verabschiedeten am 11. Dezember 1948 die Resolution 194, die fordert, den »Flüchtlingen, die in ihre Heimat zurückkehren und in Frieden mit ihren Nachbarn leben wollen, die Rückkehr zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erlauben und diejenigen, die sich gegen eine Rückkehr entscheiden, nach internationalem Recht für den Verlust oder die Beschädigung ihres Eigentums zu entschädigen. Die Schlichtungskommission ist angewiesen, die Repatriierung und Umsiedlung der Flüchtlinge und ihre ökonomische und gesellschaftliche Rehabilitation zu unterstützen und für die Auszahlung der Entschädigungen zu sorgen ...« (die Hervorhebungen stammen vom Autor). Der hervorgehobene Begriff zeigt, dass die Vereinten Nationen sich durchaus bewusst waren, dass man von Israel nicht erwarten konnte, eine dem jüdischen Staat feindliche gegenüberstehende Bevölkerungsgruppe aufzunehmen, die die Sicherheit dieses Staates gefährden würde. Die Lösung des Flüchtlingsproblems erforderte, wie die Lösung aller früheren Flüchtingsprobleme, dass zumindest eine gewisse Anzahl der Palästinenser von den arabischen Staaten aufgenommen wurde. Die Araber verlangten, dass die Vereinten Nationen das »Recht« der Palästinenser auf Rückkehr in ihre Heimat anerkannten, und wollten sich, ehe sich ihre militärische Niederlage zweifelsfrei abzeichnete, nicht mit weniger zufrieden geben. Danach deuteten sie die Resolution 194 dahingehend, dass den Palästinensern darin das Recht auf Repatriierung zugesprochen wurde, und verlangen seither, dass Israel diese Deutung übernimmt. Die gegenwärtigen Friedensgespräche basieren auf UN-Resolution 242, in der die Palästinenser überhaupt nicht erwähnt werden. Lediglich im zweiten Satz des zweiten Artikels, wo von »einer gerechten Regelung des Flüchtlingsproblems« die Rede ist, wird auf sie angespielt. Die Verwendung des neutralen Begriffs »Flüchtling« erfolgte damals bewusst in Anerkennung der Tatsache, dass der israelisch-arabische Konflikt zu einem zweifachen Flüchtlingsproblem geführt hatte: einem arabischen und einem jüdischen. Nach dem Krieg von 1948 gab es nur 800000 (wahrscheinlich sogar noch weniger) palästinensische Flüchtlinge; heute ist ihre Zahl auf 3,7 Millionen angestiegen. Ist Israel verpflichtet, sie alle aufzunehmen? Wo sollen sie leben? Zurzeit hat Israel sechs Millionen Einwohner. Wenn alle Palästinenser in Israel leben dürften, hätte das Land fast zehn Millionen Einwohner, davon über 40 Prozent Araber. Angesichts der wesentlich höheren Geburtenziffern der Araber wären die Juden sehr bald eine Minderheit in ihrem eigenen Land und hätten damit genau die Situation, für deren Vermeidung sie 1948 kämpften und die die Vereinten Nationen mit der Teilungsresolution ausdrücklich ausschließen wollten. Heute leben die meisten Palästinenser im historischen Palästina, das aus dem der palästinensischen Selbstverwaltung unterstellten Gebiet und Jordanien besteht. Wenn die Palästinenser jedoch von ihrem Recht auf Rückkehr sprechen, meinen sie nicht das historische Palästina, sondern die Häuser, in denen sie vor 1948 wohnten – Häuser, die inzwischen entweder verfallen oder besetzt sind. Im Kontext einer friedlichen Lösung darf man durchaus voraussetzen, dass Israel eine gewisse Anzahl von Flüchtlingen aufnimmt, wie Ben-Gurion schon vor über 50 Jahren angeboten hat. Wenn es je zur Gründung eines palästinensischen Staates kommt, dann sollen die meisten Flüchtlinge auch dort leben dürfen, wenngleich man sich nur schwer vorstellen kann, wie das Gebiet, das für diesen Staat in den Blick genommen wird, so vielen Menschen Lebensraum und Arbeitsplätze bieten soll. Die palästinensische Führung hat denn auch wenig Interesse bekundet, diese Leute aufzunehmen. »... wenn es einen palästinensischen Staat gäbe, warum sollte seine Führung dann wünschen, dass seine potenziellen Bürger in einem anderen Staat repatriiert würden? Aus der Perspektive der Gründung einer neuen Nation wäre das sinnlos. Tatsächlich fanden die Gespräche über die Repatriierung zu einem Zeitpunkt statt, in der keine Hoffnung auf einen palästinensischen Staat bestand. Als sich die Möglichkeit der Gründung eines solchen Staates abzeichnete, mussten die Palästinenser entscheiden, ob sie sich als legitimen Staat betrachten wollten oder ob es ihnen wichtiger war, ihren selbstgewählten Status als unterdrückte, staatenlose Flüchtlinge aufrecht zu halten. Beides können sie nicht sein.« Fredelle Spiegel 14 »Israel hat nicht das Recht, in dem zum arabischen Ostjerusalem gehörenden Har Homa Wohnungen zu bauen; es handelt sich dabei lediglich um ein weiteres Siedlungsprojekt, das dem Frieden im Weg steht.« Tatsache Das Bauprojekt in Har Homa bildet die letzte Stufe eines umfassenden Wohnungsbauprogramms für die Stadt Jerusalem, mit dem bereits 1968 begonnen wurde. Das gesamte Areal von Har Homa ist nicht einmal 460 Acres groß. Zu Beginn des Projekts war das Gebiet unbebaut. Es befindet sich auch kein anderes arabisches Wohngebiet in der Nachbarschaft. 1996 entschied Ministerpräsident Shimon Peres von der israelischen Arbeitspartei, dass das Projekt Har Homa in Angriff genommen werden sollte; wegen juristischer Probleme musste die Arbeit zunächst wieder eingestellt werden. Doch der israelische Oberste Gerichtshof wies die Klagen der jüdischen und arabischen Landeigentümer ab und genehmigte die Enteignung von Land für das Bauprojekt. Die Enteignung erfolgte auf der allgemeinen Rechtsgrundlage, die es Regierungen erlaubt, Privatland, das für öffentliche Zwecke benötigt wird, zu enteignen. Der größte Teil des enteigneten Areals – 75 Prozent – gehörte jüdischen Eigentümern. Der Bebauungsplan wurde von der Netanyahu-Regierung genehmigt, nachdem das Gericht angeordnet hatte, der massiven Wohnungsnot, unter der sowohl Araber als auch Juden in Jerusalem zu leiden haben, abzuhelfen. In Har Homa sollen 6500 Wohneinheiten entstehen, dazu Schulen, Parks, öffentliche Bauten sowie Einkaufs- und Industriegebiete. Zeitgleich mit dem Har-Homa-Projekt wird mit dem Bau von 3015 Wohneinheiten in zehn arabischen Vierteln in Jerusalem begonnen. In keinem der von Palästinensern und Israelis unterzeichneten Abkommen wird das Bauen in Jerusalem untersagt. Und weder Ministerpräsident Yitzhak Rabin noch Ministerpräsident Shimon Peres ließen auch nur den geringsten Zweifel daran, dass sie die Bautätigkeit in der Stadt fortsetzen wollten. Auch die Geschwindigkeit, mit der die verschiedenen laufenden Projekte vorangetrieben wurden, wurde nicht gedrosselt. Die Netanyahu-Regierung wurde denn auch von verschiedenen Seiten des israelischen politischen Spektrums, darunter auch von vielen führenden Politikern der Arbeitspartei, aufgefordert, die Arbeit am Har-Homa-Projekt fortzusetzen. Im Widerspruch zu palästinensischen Behauptungen liegt Har Homa nicht im »traditionell arabischen Ostjerusalem«. Es ist weder »arabisch« (der Großteil des Landes stammt aus jüdischem Besitz) noch »östlich« (Har Homa liegt im südlichen Jerusalem). Die Palästinenser behaupten, durch Har Homa von der Westbank abgeschnitten und in ihrem freien Zugang zu Jerusalem behindert zu werden. Der territoriale Zusammenhang zwischen den arabischen Vierteln in Ostjerusalem und den palästinensischen Gebieten in der Westbank wird jedoch auch nach der Fertigstellung von Har Homa weitgehend gewahrt bleiben, und die Palästinenser werden weiterhin den gleichen Zugang zu Jerusalem haben, den sie schon jetzt genießen. »Die israelischen Angriffe auf den Libanon sind ein Beweis für Israels aggressive Grundhaltung und seine Entschlossenheit, das besetzte libanesische Territorium nicht mehr aufzugeben.« Tatsache Die Vereinten Nationen haben bestätigt, dass Israel seine Verpflichtung zum Rückzug aus dem Libanon weisungsgemäß erfüllt hat. Das hielt die Hisbollah, die sich bis an die Zähne bewaffnet entlang der internationalen Grenzen verschanzt hat, nicht davon ab, wiederholt israelische Ziele anzugreifen, Soldaten aus dem Hinterhalt zu überfallen und zu entführen und jüdische Dorfbewohner in Nordisrael zu schikanieren, einzig und allein mit dem Ziel, die Feindseligkeiten erneut eskalieren zu lassen. Israel forderte deshalb mit Unterstützung der Vereinten Nationen und der Vereinigten Staaten immer wieder, dass der Libanon Streitkräfte im Süden stationiert und die Guerilla entwaffnet. Angesichts der Tatsache, dass die eigentlichen Herren im Libanon die Syrer sind, tragen nach israelischer Auffassung beide Länder gleichermaßen die Verantwortung dafür, dass die Hisbollah nicht an ihren Provokationen gehindert wird. Das politische und militärische Versagen des Libanon und Syriens in diesem Punkt zwang Israel, Vorbeugungsmaßnahmen zu ergreifen und gegebenenfalls auch Vergeltungsanschläge zu führen, um seine Bürger und Soldaten zu schützen. »Der Mitchell-Report hat bewiesen, dass die israelische Siedlungspolitik mindestens ebenso sehr für das Scheitern des Friedensprozesses verantwortlich ist wie die von den Palästinensern ausgehende Gewalt und dass diese Siedlungspolitik gestoppt werden muss, wenn die Gewalt ein Ende haben soll.« Tatsache Im November 2000 wurde der ehemalige amerikanische Senator George Mitchell mit der Bildung eines Ausschusses zur Untersuchung der Ursachen der »Al-Aksa-Intifada« und der Möglichkeiten, wie derartige Gewalttaten in Zukunft zu verhindern seien, beauftragt. Der Abschlussbericht des Ausschusses empfahl als eine von über 15 verschiedenen vertrauensbildenden Maßnahmen auch einen Siedlungsstopp. In einem offenen Brief, in dem Mitchell und Warren Rudman, ein anderes Mitglied des Komitees, ihren Standpunkt noch einmal erläuterten, stellten sie jedoch ausdrücklich klar: »Wir möchten zweifelsfrei festhalten, dass wir den palästinensischen Terrorismus in keiner wie auch immer gearteten Form mit der israelischen Siedlungspolitik gleichsetzen.« Mitchell und Rudman bestritten auch, dass es eine direkte Verbindung zwischen einem Siedlungsstopp und den terroristischen Aktivitäten gibt. »Das unmittelbare Ziel muss sein, der Gewalt ein Ende zu machen ... Zur Erreichung dieses Ziels ist eine sofortige Wiederaufnahme der Zusammenarbeit der Sicherheitskräfte der israelischen Regierung und der palästinensischen Autonomiebehörde nötig, um Gewalttaten vorzubeugen und den Terrorismus zu bekämpfen.« Und sie fügten hinzu: »Was den Terrorismus betrifft, so fordern wir die palästinensische Autonomiebehörde auf, als erste vertrauensbildende Maßnahme Israelis und Palästinensern durch ihr konkretes Handeln deutlich zu machen, dass Terror verwerflich und inakzeptabel ist. Die Autonomiebehörde muss alles in ihrer Macht Stehende tun, um Terroranschläge zu verhindern und die Täter, die unter ihre Gerichtsbarkeit fallen, zu bestrafen.«15 »Israels Einsatz von F-16-Kampfjets ist ein typisches Beispiel für die völlig unangemessene Härte, mit der gegen unschuldige palästinensische Zivilisten vorgegangen wird.« Tatsache Wie soll man die Verhältnismäßigkeit militärischer Einsätze beurteilen? Wenn palästinensische Terroristen Bomben in israelischen Einkaufsstraßen legen und dabei Dutzende von Zivilisten töten und verletzen, wäre es dann eine angemessene Reaktion, wenn die Israelis Bomben in palästinensischen Einkaufsstraßen legen? Das würde niemand in Israel für gerechtfertigt halten. So steht Israel vor der Notwendigkeit, klar abgewogene, gezielte Schläge zu führen, um palästinensischer Gewalt zuvorzukommen oder ihr ein Ende zu machen. Den besonderen Fall des Einsatzes von F-16-Kampfjets begründete Generalmajor Giora Eiland, der Chef des Einsatzkommandos der israelischen Verteidigungsstreitkräfte, folgendermaßen: »Ich weiß, dass die F-16-Jäger nicht für den Angriff auf Ziele in palästinensischen Städten entwickelt wurden. Doch wir dürfen nicht vergessen, dass diese Maschinen außerordentlich zielgenau sind. Alle Ziele waren militärischer Art ... es war eine taktische Entscheidung: Die Ziele waren zu groß, zu stark oder zu massiv, als dass man Kampfhubschrauber erfolgreich gegen sie einsetzen konnte. Deshalb haben wir, als wir uns zum Angriff auf diese Ziele entschlossen hatten, nach der erfolgversprechendsten Waffe gesucht, und das waren in diesem speziellen Fall die F-16. Das heißt nicht, dass dies eine neue Stufe des Kampfes gegen den Terrorismus ist und dass wir von nun an nur noch F-16-Jäger einsetzen werden.«16 Israel setzte die Jäger ein, nachdem 88 Israelis, davon 55 Zivilisten, ums Leben gekommen waren. Die Zivilisten wurden nicht zufällig getötet, sondern ganz gezielt umgebracht. In den vorangehenden zweieinhalb Monaten hatten die Palästinenser 28 Bombenanschläge in Israel geplant bzw. tatsächlich durchgeführt. Der F-16-Angriff war die Antwort auf den Bombenanschlag am 18. Mai 2001 auf das Netanya-Einkaufszentrum, bei dem fünf Israelis getötet wurden. Einen Monat vor dem Einsatz der F-16 hatte das amerikanische Außenministerium die israelischen Luftwaffenangriffe auf Ziele im Gazastreifen als »unangemessene und unverhältnismäßige« Reaktion auf die palästinensischen Anschläge bezeichnet; allerdings räumte der Sprecher ein, dass der Vergeltungsschlag »durch die Granatenangriffe auf Israel provoziert« worden sei.17 Die amerikanische Einstellung entbehrt angesichts der von dem amerikanischen Außenminister Colin Powell formulierten so genannten Powell-Doktrin nicht einer gewissen Ironie. In dieser Doktrin heißt es, Amerika solle »entweder unter Einsatz aller verfügbaren Streitkräfte in Kriegshandlungen eintreten oder gar nicht«.18 Im Folgenden seien nur einige wenige Beispiele für die Anwendung der Doktrin aufgeführt: • General Powell bestand vor dem Angriff auf Bagdad im Golfkrieg auf einer starken Übermacht. Alliierte Streitkräfte von über einer halben Million Soldaten griffen Saddam Husseins Armee an; der Sieg der Alliierten forderte auf Seiten der Amerikaner nicht einmal 200 Opfer, die Niederlage der Irakis dagegen war mit 35000 Todesopfern, darunter vielen Zivilisten, verbunden. • Powell hatte auch den Oberbefehl bei der Invasion Panamas, bei der 25000 Soldaten und erstmals auch F-117-Stealth-Bomber eingesetzt wurden. Tausende Zivilisten wurden verletzt und vertrieben und mindestens 100 getötet. Powell sagte später: »Setze alle Kräfte ein, die nötig sind, und entschuldige dich nicht dafür, in die Vollen zu gehen, wenn das zum Erfolg führt. Durch entschlossenes Eingreifen können Kriege rasch beendigt und auf lange Sicht Menschenleben gerettet werden.«19 • Als Reaktion auf einen Mordversuch an Präsident Bush im Jahr 1993 schossen die Vereinigten Staaten 23 Cruisemissiles auf das Hauptquartier des irakischen Geheimdienstes ab und trafen dabei auch ein Wohnviertel. Powell bezeichnete dies später als »angemessene« Reaktion.20 • Auch im Balkan setzten die Vereinigten Staaten massive Truppenverbände ein, wobei 1999 im Zuge der versehentlichen Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad drei Personen getötet und 20 verletzt wurden. Die Vereinigten Staaten zögern nicht, eine erdrückende Übermacht gegen ihre Feinde einzusetzen, auch wenn die Bedrohung weit entfernt ist und keinesfalls eine Gefahr für die Existenz ihres Volkes oder die Sicherheit ihrer Bürger darstellt. Dabei wurden die militärischen Ziele zwar in der Regel erreicht, doch es kam immer wieder auch zu Fehlern, die Zivilisten das Leben kosteten und Schäden im nicht-militärischen Bereich anrichteten. Israel ist dagegen in einer völlig anderen Lage. Die Bedrohung, der es gegenübersteht, ist unmittelbar und in nächster Nähe und stellt eine direkte Gefahr für das Leben israelischer Bürger dar. Dennoch hat Israel nicht, wie die Powell-Doktrin vorschlägt, seine gesamte militärische Stärke in die Waagschale geworfen. Es ging bei seinen militärischen Einsätzen planvoll und präzise vor. In den Fällen, in denen Fehler gemacht wurden – die im Krieg nun einmal nicht ausbleiben –, wurden offizielle Nachforschungen angestellt. Letztlich aber bräuchte Israel überhaupt keine Militärgewalt anzuwenden, wenn die Palästinenser nicht israelische Zivilisten und Soldaten angriffen. »Israel hat sich beharrlich geweigert, Maßnahmen zu ergreifen, die die Situation entspannt hätten; die rücksichtslosen Übergriffe der Israelis haben die Ausbrüche von Gewalt auf Seiten der Palästinenser überhaupt erst provoziert.« Tatsache Am 22. Mai 2001 verkündete Ministerpräsident Ariel Sharon einen einseitigen Waffenstillstand in dem Versuch, die Situation zu entschärfen, und in der Hoffnung, dass die Palästinenser daraufhin ihre Anschläge gegen Israelis einstellen würden. Stattdessen nahmen die gewalttätigen Ausschreitungen noch zu, insbesondere die Angriffe auf Zivilisten. Jassir Arafat tat nichts, um die Gewalt zu stoppen oder die Terroristen auch nur zu entmutigen. In den folgenden zehn Tagen kam es zu über 70 Anschlägen, ohne dass Israel den Waffenstillstand beendete oder sich zu Vergeltungsschlägen provozieren ließ. Die palästinensische Terrorkampagne während des israelischen Waffenstillstands kulminierte schließlich in dem Selbstmordattentat auf eine Diskothek in Tel Aviv am 1. Juni, bei dem 20 Personen getötet und über 90 verletzt wurden – in der Mehrzahl Teenager. Angesichts des massiven internationalen Drucks, den dieser schreckliche Anschlag auslöste, und aus Angst vor einem israelischen Vergeltungsschlag verkündete Arafat schließlich ebenfalls einen Waffenstillstand. »Israel hat sich von der Sinaihalbinsel zurückgezogen, um die Voraussetzung für den Frieden mit Ägypten zu schaffen; es hat sich hinter die internationale Grenze zum Libanon zurückgezogen; und es hat angeboten, sich für den Frieden mit Syrien von den Golanhöhen zurückzuziehen; nun sollte es auch die Westbank und den Gazastreifen vollständig räumen, damit der Friede mit den Palästinensern möglich wird.« Tatsache Israel ist weder rechtlich noch in irgendeiner anderen Form verpflichtet, sich aus dem gesamten Gebiet der Westbank und des Gazastreifens zurückzuziehen. Bei diesen Gebieten liegt ein völlig anderer Sachverhalt vor als bei denen, die bislang Gegenstand von Verhandlungen waren. Israel hatte keinen Anspruch auf die Sinaihalbinsel oder die Sicherheitszone im Libanon; es hatte diese Gebiete lediglich zu Verteidigungszwecken besetzt, um sein Land gegen Feinde zu schützen, die es von dort aus wiederholt angegriffen hatten. Auf der Sinaihalbinsel wurden deshalb nach dem Rückzug eine ganze Reihe von Sicherheitsmaßnahmen getroffen; zum Beispiel achtet ein unabhängiges amerikanisches Beobachterteam darauf, dass die Bedingungen des Friedensvertrags eingehalten werden. Israel hat zudem nicht angeboten, sich vollständig von den Golanhöhen zurückzuziehen, sondern lediglich seine Bereitschaft bekundet, für den Frieden mit Syrien auf einen großen Teil dieses Gebiets zu verzichten. Ein solches Abkommen würde jedoch voraussetzen, dass die Einhaltung der gegebenen Versprechen auch hier von einem unabhängigen Gremium überwacht und so die Sicherheit Israels gewährleistet wird. In der Westbank und im Gazastreifen ist die Lage völlig anders. Im Gegensatz zur Sinaihalbinsel läge, wenn Israel sich vollständig aus diesen Gebieten zurückzöge, keine Pufferzone mehr zwischen Israel und einer feindlichen palästinensischen Macht. Alle israelischen Regierungen und auch die meisten unparteiischen Beobachter sind sich einig, dass die israelische Präsenz im Jordantal für die Sicherheit des Landes unverzichtbar ist. Darüber hinaus hat Israel eine starke historische Bindung an Judäa und Samaria – Gebiete, die seit Jahrhunderten die Heimat von Juden waren und für das jüdische Volk auch in religiöser Hinsicht von großer Bedeutung sind. Und nicht zuletzt könnten Ägypten, der Libanon und Syrien – nicht aber die Palästinenser – die umstrittenen Gebiete mit demselben Recht für sich beanspruchen wie Israel. Die Westbank und der Gazastreifen haben niemals zu einem bestimmten Land gehört (Jordanien hatte die Westbank zwar annektiert, doch diese Annexion wurde nur von zwei Nationen anerkannt), und die Palästinenser haben keinen größeren Anspruch auf diese Gebiete als Israel. Israel hat eingeräumt, dass es sich für ein Friedensabkommen mit den Palästinensern aus Teilen der Westbank und des Gazastreifens zurückziehen muss. Dieser Rückzug ist zum Teil bereits erfolgt, doch einen vollständigen Rückzug aus diesen Gebieten lässt die Sicherheit des Landes nicht zu. »Für einen dauerhaften Frieden in Palästina müssen zwei lebensfähige Staaten als gleichwertige Nachbarn nebeneinander existieren, Israel aber will die Westbank und den Gazastreifen in Bezirke aufteilen, die inmitten von israelischem Gebiet lägen und von den Israelis kontrolliert würden. Das ist einer der Gründe, warum die Palästinenser den von Israel im Juli 2000 in Camp David eingebrachten Vorschlag ablehnten.« Tatsache Die Bedingungen für eine endgültige Festlegung der Grenzen eines potenziellen palästinensischen Staates und Israels sind äußerst komplex. Sie erfordern eine ganze Reihe von Rücksichten, unter anderem auch auf demografische und geografische Gegebenheiten und Faktoren, die die Sicherheit der beiden Staaten betreffen. Es ist verständlich, dass die Palästinenser sich eine in einem Stück verlaufende Landesgrenze wünschen, doch das ist nicht möglich. Der Gazastreifen kann nicht mit der Westbank verbunden werden, es sei denn, Israel würde das dazwischenliegende Gebiet aufgeben und damit eine Zweiteilung des israelischen Staates hinnehmen, sodass dieser seinerseits keine zusammenhängende Grenze mehr besäße. Die Palästinenser haben im Grunde gar kein Anrecht auf die Westbank oder den Gazastreifen, doch es gibt mittlerweile sichere Transitwege, die den Verkehr zwischen den Gebieten erleichtern. In der Westbank ist die Lage noch komplizierter, weil die Sicherheitserfordernisse des israelischen Staates und der großen israelischen Metropolen, die zurzeit jenseits der »grünen Linie« liegen, die militärische Präsenz Israels im Jordantal unverzichtbar machen. Die Vereinten Nationen standen, als es um die Teilung ging, vor demselben Problem. Die von ihnen vorgenommene Aufteilung in einen arabischen und einen jüdischen Staat orientierte sich an der vorwiegend jüdischen bzw. vorwiegend arabischen Bevölkerung bestimmter Regionen. Auch die UN-Teilungsresolution sah keine zusammenhängenden Staatsgrenzen vor. Jeder Staat sollte in der Hauptsache aus drei großen Bezirken bestehen. Dabei war der arabische Staat insgesamt zwar wesentlich größer angelegt, als heute in Erwägung gezogen wird, aber die Westbank und der Gazastreifen wären auch damals von Bezirken des geplanten jüdischen Staates umgeben gewesen. Ein Teil des nördlichen historischen Palästina wäre dem arabischen Staat zugewiesen worden. Jerusalem sollte internationalen Status erhalten, hätte jedoch mitten im arabischen Staat gelegen und wäre vollständig vom jüdischen Staat abgeschnitten gewesen. Obwohl diese Aufteilung alles andere als ideal war, hätten die Juden den Teilungsplan damals akzeptiert. »Die Angriffe der Palästinenser auf die israelischen Sicherheitskräfte sind nichts anderes als spontane Ausbrüche der Frustration.« Tatsache Gelegentlich mag es aus dem einen oder anderen Grund – meist Frustration oder Zorn – zu spontanen Übergriffen gekommen sein, doch sehr viel häufiger wurden und werden die gewalttätigen Ausschreitungen entweder von terroristischen Zellen innerhalb der palästinensischen Autonomiebehörde oder von den führenden Männern der Behörde selbst sorgfältig geplant und organisiert. Im Sommer 2001 zum Beispiel zirkulierten Anweisungen von höchster Stelle, israelische Soldaten anzugreifen. Es war die Rede von der Bereitstellung von Molotowcocktails, Handgranaten und Barrikaden. Für »Hunderte zum Selbstmord bereite Jugendliche, die sich den vorrückenden Truppen in den Weg werfen wollen«, sollten Sprengstoffgürtel vorbereitet werden. Die Instruktionen enthielten auch die Aufforderung, Munition zu sparen und Panzer nur mit »geeigneten Waffen«, nicht mit leichten Gewehren, anzugreifen. »Kämpfer, die bereit sind, ihr Leben hinzugeben, um den vorrückenden Feind aufzuhalten, sollen Breschen in die feindlichen Linien schlagen.«21 »Die Palästinenser haben sich an den von CIA-Direktor George Tenet ausgehandelten Waffenstillstand gehalten.« Tatsache Im Juni 2001 reiste der CIA-Direktor George Tenet in den Nahen Osten. Er sollte einen Waffenstillstand zwischen Israel und der palästinensischen Autonomiebehörde aushandeln und damit den Grundstein für die Wiederaufnahme der Friedensgespräche legen. Der Tenet-Plan forderte das Ende aller Gewalttätigkeiten. In den sechs Wochen nach dem Besuch von Tenet begingen die Palästinenser 850 Terroranschläge, die auf israelischer Seite 94 Opfer, davon 17 tödliche, forderten.22 »Israels Taktik, palästinensische Terroristen umzubringen, ist unmoralisch und sinnlos.« Tatsache Israel steht vor der schier unlösbaren Aufgabe, seine Zivilbevölkerung vor Palästinensern schützen zu müssen, die bereit sind, sich selbst in die Luft zu sprengen, um unschuldige Juden zu ermorden. Anfangs setzte man auf den Friedensprozess als Lösungsweg. Seit 1993 glaubte Israel, auf dem Verhandlungsweg Frieden mit den Palästinensern schließen zu können. Nachdem die Israelis sich jedoch aus einem Großteil der Westbank und des Gazastreifens zurückgezogen hatten und der vollständige Rückzug aus den besetzten Gebieten kurz bevorstand, lehnten die Palästinenser die israelischen Zugeständnisse plötzlich ab und wählten die Gewalt, um Israel zu zwingen, alle ihre Forderungen anzunehmen. Die zweite Strategie Israels war, »Zurückhaltung zu üben«, das heißt, die palästinensischen Gewalttaten nicht mit gleicher Münze zu erwidern. Die internationale Gemeinschaft pflegt Israel zu loben, wenn es nach einem heimtückischen Anschlag noch die andere Wange hinhält. Diese Zurückhaltung mag dem Land zwar die Anerkennung der ausländischen Staatsoberhäupter einbringen, doch sie kann den Schmerz der Opfer nicht lindern und künftige Anschläge nicht verhindern. Ganz abgesehen davon reagieren dieselben Nationen, die Israel zur Mäßigung auffordern, in ähnlichen Situationen meistens mit rücksichtloser Härte. So ließen die Briten nach dem Zweiten Weltkrieg Naziverbrecher ermorden und nahmen IRA-Terroristen in Nordirland aufs Korn. 1986 führten die Vereinigten Staaten, nachdem sie zu dem Schluss gekommen waren, dass Libyen für den Terroranschlag auf eine Westberliner Diskothek verantwortlich war, bei dem ein Amerikaner ums Leben kam und 200 weitere verletzt wurden, eine Reihe von Angriffen auf Ziele in Libyen durch, darunter auch auf das Haus des libyschen Präsidenten Muammar Qaddafi. Die Aktion wurde weltweit als Mordversuch angesehen. Präsident Reagan bestritt dies und erklärte: »Am 13. April legten wir das Hauptziel fest: Qaddafis militärisches Hauptquartier und die Kasernen in Tripolis, die weit entfernt von zivilen Zielen lagen. Im selben Gebiet befand sich auch das Zentrum des Geheimdienstes, von dem aus Libyens weltweites Programm des staatlich geförderten Terrorismus gelenkt wurde. Es war nicht Ziel des Angriffs, Qaddafi zu töten; das hätte gegen unseren Grundsatz verstoßen. Es ging lediglich darum, ihm deutlich zu machen, dass wir seine Terroranschläge nicht länger hinnehmen würden. Wir konnten zwar nicht wissen, wo genau er sich um Zeitpunkt des Angriffs aufhalten würde, waren allerdings der Ansicht, dass es möglich, ja wahrscheinlich war, dass er sich zum Zeitpunkt des Luftangriffs im Gebäude des Nachrichtendienstes oder in der Nähe aufhielt.« Qaddafi entkam, doch seine kleine Tochter wurde bei dem Angriff getötet und zwei weitere seiner Kinder verletzt. Außerdem kam eine Rakete vom Kurs ab und schlug in ein nahe gelegenes Wohnviertel ein; die Detonation forderte mehrere Todesopfer. Reagan rechtfertigte die Unternehmung als Akt der Selbstverteidigung gegen den von Libyen unterstützten Terrorismus. »Wenn es um den Selbstschutz geht, hat jede Nation, die Opfer von Terroranschlägen wurde, das Recht auf einen Vergeltungsschlag, wenn sie dadurch neuen Anschlägen vorbeugen kann. Ich war der Überzeugung, dass wir Qaddafi klarmachen mussten, dass er für sein Tun bezahlen muss und dass wir ihn nicht so davonkommen lassen werden.«23 Israel hat einen dritten Weg gewählt – die Beseitigung der führenden Köpfe der Terrorszene. Diese Strategie hat in Israel selbst große Kontroversen ausgelöst, wird jedoch von der großen Mehrheit der Öffentlichkeit befürwortet (nach einer Umfrage von Ha’aretz von 70 Prozent der Bevölkerung). Eine Umfrage von America Middle East Information Network im August 2001 ergab, dass sie auch von der amerikanischen Öffentlichkeit gutgeheißen wird. So waren 73 Prozent der Befragten der Ansicht, dass Israel im Recht ist, wenn es Terroristen tötet, vorausgesetzt, es hat Beweise, dass sie Bombenattentate oder andere Anschläge planen, die Israelis das Leben kosten werden.24 Der stellvertretende Stabschef Generalmajor Moshe Ya’alon erklärte das Vorgehen folgendermaßen: »Es gibt keine Hinrichtungen ohne Gerichtsverhandlung, auch keine Racheakte gegen Personen, die vor einem Monat einen Anschlag verübt haben. Wir werden lediglich bei Personen aktiv, die uns mit Terror bedrohen. Es ist uns lieber, sie zu verhaften, und wir haben über Tausend von ihnen inhaftiert. Doch wenn das nicht möglich ist und die Palästinenser nicht tätig werden wollen, dann bleibt uns keine andere Wahl, als uns zu verteidigen.«25 Das Unschädlichmachen von Terroristen hat eine ganze Reihe von Vorteilen: Erstens bleibt der Terror nicht ungesühnt. Die Attentäter wissen, dass sie, wenn sie Gewalt gegen andere einsetzen, selbst mit Gewalt rechnen müssen. Zweitens ist es eine Methode der Selbstverteidigung: Attentäter werden ausgeschaltet, die sonst Juden umbringen würden. Es stimmt zwar, dass dann andere an ihre Stelle treten, doch sie tun das in dem Wissen, dass sie selbst zu Zielscheiben werden. Drittens muss es die Terroristen unruhig machen: Sie können einen Anschlag nicht mehr unbekümmert planen, sondern müssen ständig auf der Hut sein und weit mehr Schwierigkeiten überwinden, um ihre Ziele zu erreichen. Viertens kann das Unschädlichmachen von Terroristen geplante Anschläge verhindern. Natürlich hat diese Methode auch ihren Preis. Neben der Verurteilung durch die Weltöffentlichkeit geht Israel das Risiko ein, wichtige Informanten preiszugeben, die oft zur Auffindung der Terroristen beitragen. Und israelische Soldaten müssen manchmal hochriskante Operationen durchführen, die gelegentlich tragische Verluste an Menschenleben und Eigentum fordern. Die am häufigsten zu hörende Kritik, dass ein solches Vorgehen nichts nützt, weil es lediglich neue Racheakte der Terroristen herausfordert und so in einen Teufelskreis von Gewalt mündet, ist wohl am wenigsten überzeugend. Menschen, die sich selbst in die Luft sprengen, um Märtyrer zu werden, werden immer eine Rechtfertigung für ihr Handeln finden. Sie sind entschlossen, die Juden aus dem Nahen Osten zu vertreiben und werden nicht damit aufhören, ehe sie ihr Ziel erreicht haben.
»Wenn man es mit einer Organisation zu tun hat, die zum Beispiel einen Selbstmordanschlag geplant hat oder plant, und die Israelis haben hieb- und stichfeste Informationen darüber, wer diesen Anschlag durchführen soll und wo der Betreffende sich aufhält, dann halte ich es für gerechtfertigt, wenn sie versuchen, sich selbst zu schützen, indem sie dem Anschlag zuvorkommen. U.S. Vizepräsident Dick Cheney Fallstudie Ein in der Washington Post erschienener Artikel über den »Teufelskreis des Todes« in der Westbank enthielt ein Interview mit Raed Karmi, einem Offizier der Fatah, der dominierenden Gruppierung in Arafats Palästinensischer Befreiungsorganisation. Der Artikel beginnt damit, wie Karmi hinausläuft, um sich an einem Scharmützel mit israelischen Soldaten zu beteiligen, und sich ein M- 16-Gewehr greift. Was der Reporter zu erwähnen vergisst, ist, dass nach den israelisch-palästinensischen Abkommen nur die palästinensische Polizei bewaffnet sein darf. Der Artikel erweckt den Eindruck, dass die Gewaltanwendung der Israelis und der Palästinenser in diesem »Teufelskreis« gleichzusetzen sei, weil Karmi sagt, dass er aus Rache für den Tod eines Palästinensers handle, den die Israelis wegen geplanter Terroranschläge ermordet hätten. Karmi gibt zu, dass er an der Entführung und »Hinrichtung« zweier Israelis beteiligt war, die in einem Tulkarm-Restaurant zu Mittag gegessen hatten. Karmi wurde zwar von der palästinensischen Autonomiebehörde verhaftet, aber bereits nach vier Monaten wieder auf freien Fuß gesetzt. Danach brachte er vier weitere Israelis um, darunter einen Mann in einem Supermarkt und einen Autofahrer, den er aus dem Hinterhalt ermordete. »Ich werde mit den Anschlägen auf Israelis weitermachen«, sagte er gegenüber der Post.26
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