Myths & Facts: Deutsch
Behauptungen und Tatsachen: Die amerikanische NahostpolitikBehauptungen
»Die Gründung des Staates Israel erfolgte nur auf Druck der Amerikaner.« Tatsache Als die Vereinten Nationen anfingen, sich mit der Palästinafrage zu befassen, sagte Präsident Harry Truman ausdrücklich, dass die Vereinigten Staaten »keinerlei Drohungen anwenden und keinen unangemessenen Druck auf die anderen Delegationen ausüben« sollten.1 Ein gewisser Druck wurde zwar trotzdem ausgeübt – immerhin spielten die Vereinigten Staaten eine Schlüsselrolle bei der Unterstützung der Teilungsresolution –, aber der amerikanische Einfluss war keineswegs unbegrenzt, wie ganz deutlich wurde, als von Amerika abhängige Staaten wie Kuba und Griechenland gegen die Teilung stimmten und El Salvador und Honduras sich der Stimme enthielten. Viele Mitglieder der Truman-Regierung lehnten die Teilung ab, darunter auch Verteidigungsminister James Forrestal, der der Ansicht war, dass die zionistischen Ziele die amerikanische Ölversorgung und die strategische Position der USA in der Region gefährdeten. Die Militärs befürchteten, dass die Araber sich, wenn sie dem Westen entfremdet wurden, mit der Sowjetunion verbünden würden. Diese Gegner in den eigenen Reihen taten alles, um die amerikanische Unterstützung der Gründung eines jüdischen Staates zu unterlaufen.2 Insgesamt wurde viel über die Schachzüge der Befürworter der Teilung geschrieben, das Verhalten der arabischen Staaten dagegen wurde weitgehend ignoriert. Dabei übten sie ihrerseits nicht unbeträchtlichen Druck auf die Vereinten Nationen aus, den Teilungsplan wieder fallen zu lassen.3 »Die Vereinigten Staaten haben Israel im Jahr 1948 lediglich auf Drängen der jüdischen Lobby gegen die Araber unterstützt.« Tatsache Truman unterstützte die zionistische Bewegung, weil er der Auffassung war, die internationale Gemeinschaft trage die Verantwortung dafür, dass die Versprechungen der Balfour-Erklärung eingelöst würden, und weil er es als ein Gebot der Menschlichkeit ansah, das Elend der jüdischen Überlebenden des Holocaust nicht noch zu vergrößern. Seiner Ansicht nach konnten die Rechte der Araber dadurch in keiner Weise geschmälert werden. Einen Eindruck von seiner Überzeugung gewinnt man aus einer Bemerkung Trumans im Zusammenhang mit den Verhandlungen über die Grenzen des jüdischen Staates: »Das ganze Gebiet harrt noch der Entwicklung, und wenn dort vorgegangen würde, wie wir bei der Entwicklung des Tennessee-Beckens verfahren sind, könnten 20 bis 30 Millionen mehr Menschen von diesem Land leben. Einer solchen Zukunft den Weg zu bereiten, wäre ein wirklich konstruktives und den Geboten der Menschlichkeit folgendes Unterfangen, durch das zudem die im Ersten Weltkrieg gegebenen Versprechen eingelöst würden.«4 Die amerikanische Öffentlichkeit unterstützte die Politik des Präsidenten. Meinungsumfragen ergaben, dass 65 Prozent der Amerikaner für die Gründung eines jüdischen Staates waren. Allein im letzten Quartal des Jahres 1947 gingen 62850 Postkarten, 1100 Briefe und 1400 Telegramme im Weißen Haus ein, in denen der Präsident gedrängt wurde, den amerikanischen Einfluss bei den Vereinten Nationen geltend zu machen.5 Diese öffentliche Front spiegelte sich auch im Kongress, wo im Jahr 1922 eine Resolution zur Unterstützung der Balfour-Erklärung verabschiedet wurde. 1944 forderten beide amerikanische Parteien die Wiederherstellung des jüdischen Staatswesens, und 1945 verabschiedete der Kongress eine ähnlich lautende Resolution. Weit entfernt, dem Druck nachzugeben, war Truman im Gegenteil geneigt, der »jüdischen Lobby« entgegenzutreten. Er beklagte sich wiederholt darüber, dass er unter Druck gesetzt würde, und meinte, demnächst würde er die jüdische Propaganda auf einen Haufen werfen und ein Streichholz daran halten. In einem Brief an den Abgeordneten Claude Pepper schrieb Truman: »Wenn die Zionisten sich nicht so massiv eingemischt hätten, hätten wir die Sache schon vor anderthalb Jahren beilegen können.«6 Dies ist wohl kaum die Äußerung eines Mannes, dem übermäßig an den Stimmen den Juden gelegen war. »Die meisten Amerikaner lehnen eine enge Beziehung der Vereinigten Staaten zu Israel ab.« Tatsache Die Unterstützung, die Israel von amerikanischer Seite zuteil wird, kommt keineswegs nur von den Juden in den USA; im Gegenteil, Amerikaner aller Altersstufen, Rassen- und Religionszugehörigkeiten sympathisieren mit Israel. Diese Haltung ist auch an keine Partei gebunden; so steht die Mehrheit der Demokraten und Republikaner auf Seiten Israels und nicht auf Seiten der Araber. Den besten Beleg für Amerikas Einstellung zu Israel liefert die Antwort auf die wohl am häufigsten gestellte Frage über den Nahen Osten: »Wo liegen Ihre Sympathien in der Nahostfrage: auf Seiten Israels oder auf Seiten der arabischen Völker?« Die meisten Befragungen zu diesem Thema führte Gallup durch. Seit 1967 besagen die Befragungsergebnisse, dass etwa 50 Prozent der amerikanischen Bevölkerung auf Seiten der Israelis sind. Manche Leute sind der irrigen Ansicht, dass die Sympathien für Israel früher sehr viel größer waren. Tatsächlich lag die Spitze vor dem Golfkrieg bei 56 Prozent – diesen Gipfel erreichte die Sympathiekurve nach dem Sechs-Tage-Krieg. Im Januar 1991 kletterte sie jedoch laut Gallup auf eine Rekordhöhe von 64 Prozent. In der gleichen Zeit fiel die Unterstützung für die Araber um acht Prozentpunkte. In 54 von Gallup durchgeführten Meinungsumfragen, die bis ins Jahr 1967 zurückreichen, standen durchschnittlich 45 Prozent der amerikanischen Bevölkerung auf Seiten Israels und etwas über zwölf Prozent auf Seiten der arabischen Staaten bzw. der Palästinenser. Dabei hegen die Amerikaner für die Palästinenser etwas mehr Sympathie als für die arabischen Staaten, doch die Ergebnisse von Umfragen, in denen die Leute gebeten wurden, zwischen Israel und den Palästinensern zu wählen, unterschieden sich kaum von denen der anderen Umfragen. Die jüngste Meinungserhebung vom Februar 2001 ergab, dass die Sympathien für Israel bei 51, die für die Palästinenser dagegen bei nur 16 Prozent lagen. Das ist die höchste Zahl seit August 1991, doch auch sie liegt noch unter den gleich bleibend hohen pro-israelischen Quoten während des Golfkriegs. Die Ergebnisse dieser Umfrage kamen insofern überraschend, als sie in einer Zeit der eskalierenden Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern und unmittelbar vor der erwarteten Wahl des »Hardliners« Ariel Sharon vom Likudblock durchgeführt wurde. Seit 1998 waren etwa drei Viertel der Befragten der Meinung, dass die Vereinigten Staaten sich aus dem Konflikt heraushalten sollten, doch die überwältigende Mehrheit derer, die trotzdem Stellung beziehen, sind für Israel (15-17 Prozent, gegen 1-2 Prozent für die Palästinenser). Über drei Viertel der Amerikaner sind außerdem der Ansicht, dass der israelisch-palästinensische Friede für die Vereinigten Staaten von großer Bedeutung ist. Darüber hinaus deuten die Umfragen darauf hin, dass Israel als verlässlicher Bündnisparter der USA angesehen wird – ein Eindruck, der sich in der Golfkrise noch verstärkte. So ergab zum Beispiel eine im Januar 1991 von Harris durchgeführte Umfrage, dass 86 Prozent der Amerikaner Israel für einen »engen Verbündeten« oder »Amerika freundlich gesonnen« halten. Das war das höchste Ergebnis, zu dem eine von Harris durchgeführte Umfrage je gelangte. Im März 1991 ergab eine Umfrage von ABC/Washington Post, dass Israel sich mit seinem Verhalten während des Krieges den Respekt von 69 Prozent der Amerikaner erworben hatte. »Die amerikanische Politik war stets von einer feindseligen Haltung gegenüber den Arabern bestimmt.« Tatsache Auf arabischer Seite wird so gut wie gar nicht anerkannt, dass die Amerikaner sie in ihrem Bestreben nach Unabhängigkeit unterstützt haben. Immerhin hat Präsident Wilsons das Einstehen für die Selbstbestimmung aller Völker und den Eintritt der Vereinigten Staaten in den Ersten Weltkrieg, die Auflösung des osmanischen Reiches und den Weg in die Unabhängigkeit für die arabische Welt ganz entscheidend beschleunigt. Die Araber waren stets der Auffassung, dass die amerikanische Nahostpolitik ein Nullsummenspiel sei, sodass die Unterstützung ihres Feindes Israel zwangsläufig eine Benachteiligung der arabischen Staaten zur Folge habe. Aus diesem Grund haben sie immer wieder versucht, die Vereinigten Staaten zur Entscheidung zwischen Israel und den arabischen Staaten zu zwingen, doch den USA gelang es bisher, dieser Entweder-oder-Falle auszuweichen. Die Tatsache, dass die Vereinigten Staaten ein enges Verhältnis zu Israel haben und gleichzeitig gute Beziehungen zu mehreren arabischen Staaten unterhalten, ist der Beweis, dass beides keineswegs unvereinbar ist. Die USA bemühten sich seit langem um freundschaftliche Beziehungen zu den arabischen Regierungen und standen mit den meisten arabischen Staaten zumindest zeitweise auf gutem Fuß. In den Dreißgerjahren des 20. Jahrhunderts führte die Entdeckung von Erdöl zu engen Beziehungen zwischen den amerikanischen Mineralölgesellschaften und den Golfstaaten. In den Fünfzigerjahren versuchten die USA aus strategischen Erwägungen, Bündnisse mit den pro-westlichen arabischen Staaten zu schließen. Mit dem Irak und Libyen zum Beispiel war Amerika anfangs befreundet; das änderte sich erst, als dort radikale Führer an die Macht kamen. Ägypten wiederum, das den Vereinigten Staaten unter Nasser feindlich gesonnen war, schwenkte unter Sadat ins pro-westliche Lager über. Seit dem Zweiten Weltkrieg haben die Vereinigten Staaten der gesamten Region immer wieder finanzielle Hilfe zukommen lassen; Jordanien, Saudi-Arabien, Marokko, Ägypten und die Scheichtümer am Golf werden heute noch von Amerika unterstützt. Auch wenn die arabischen Staaten den USA die Schuld an ihren Niederlagen in den Kriegen mit Israel gaben, bleibt die Tatsache bestehen, dass die meisten von ihnen zu irgendeinem Zeitpunkt amerikanische Hilfe erhielten bzw. dass ihnen diese Hilfe zumindest angeboten wurde. Gelegentlich hatte es den Anschein, als würden die USA vor den arabischen Übergriffen gegen andere arabische Staaten die Augen verschließen. 1963 zum Beispiel erkannte Amerika die Marionettenregierung der Ägypter im Jemen an. 1991, als Saddam Husseins Angriff auf Kuwait zurückgeschlagen wurde, sah die Bush-Regierung weg, als Syrien seine Annexion des Libanon vollendete. Während Israel einzig und allein auf die Hilfe der Vereinigten Staaten zählen konnte, wurden die arabischen Staaten stets von mehreren westlichen Ländern sowie von der Sowjetunion und deren Verbündeten unterstützt. »Die alliierten Nationen haben die vollste Zustimmung unserer Regierung und unseres Volkes, dass in Palästina der Grundstein für ein jüdisches Gemeinwesen gelegt werden soll.« Präsident Woodrow Wilson »Die Vereinigten Staaten stehen seit 1948 ausnahmslos auf der Seite Israels.« Tatsache Die Vereinigten Staaten waren stets Israels engster Verbündeter, und doch haben sie häufig den Wünschen des jüdischen Staates zuwider gehandelt. Von Anfang an waren die USA bemüht, ein Gegengewicht zu ihrer Unterstützung Israels zu schaffen und die Araber ihrerseits zufrieden zu stellen. Das zeigte sich schon 1948, als Truman in der Frage der Teilung schwankend zu werden schien und auf einmal einer treuhänderischen Verwaltung durch die Vereinten Nationen zuneigte. Nachdem die arabischen Anliegerstaaten in Israel einmarschiert waren, verhängten die Vereinigten Staaten ein Waffenembargo, das die Möglichkeit der Juden zur Selbstverteidigung stark einschränkte. Nach dem Krieg von 1948 waren die Vereinigten Staaten nicht bereit, Umsiedlungsprojekte für arabische Flüchtlinge einzufordern. Auch haben sie stets gezögert, Verletzungen der UN-Charta und UN-Resolutionen durch die Araber zu verurteilen; so blieben zum Beispiel die arabische Blockade des Suezkanals, der arabische Wirtschaftsboykott gegen Israel und viele Terroranschläge in Israel ungeahndet. Im Gegenteil: Die USA ergriffen in den Vereinten Nationen häufiger gegen Israel Partei als für das Land und machten erst 1972 erstmals von ihrem Vetorecht im Sicherheitsrat Gebrauch, um eine anti-israelische Resolution zu verhindern. Wie stark die amerikanische Politik von der Israels abweicht, wurde während der Suezkrise deutlich, als Präsident Eisenhower entschieden Position gegen England, Frankreich und Israel bezog. Nach dem Krieg wurde Israel auf Druck der Amerikaner gezwungen, sich aus den eroberten Gebieten zurückzuziehen. David Ben-Gurion verließ sich damals auf zweifelhafte amerikanische Garantien, die letztlich die Saat für den Krieg von 1967 legten. Doch noch bei vielen anderen Gelegenheiten haben amerikanische Präsidenten gegen die Interessen Israels gehandelt. 1981 zum Beispiel hob Ronald Reagan ein Abkommen zur wechselseitigen Zusammenarbeit auf, nachdem Israel die Golanhöhen annektiert hatte. In einem anderen Fall verzögerte er die Auslieferung von Kampfflugzeugen, weil er über einen israelischen Vergeltungsschlag im Libanon verärgert war. 1991 bat Präsident Bush in einer Pressekonferenz um Aufschub der Entscheidung über Israels Bitte um finanzielle Unterstützung für die Integration der vielen ins Land strömenden sowjetischen und äthiopischen Juden; als Grund dafür gab er an, dass er nicht mit Israels Siedlungspolitik einverstanden sei. Bush warf sein ganzes Ansehen in die Waagschale, um den Aufschub zu erzwingen, und bediente sich dabei einer derart unbeherrschten Sprache, dass die Wogen der Leidenschaft allgemein hoch schlugen und die jüdische Gemeinschaft ein Aufflammen antisemitischer Ressentiments befürchtete. Auch Bill Clinton, der immer wieder als der israelfreundlichste Präsident der Geschichte hingestellt wurde, übte bei zahlreichen Gelegenheiten Kritik an Israel. Und auch die neue Bush-Regierung verurteilte Israel bereits in den ersten Monaten ihrer Amtszeit mehrfach für Aktionen, die in ihren Augen den amerikanischen Interessen abträglich waren. »Die Vereinigten Staaten haben Israel immer ausreichend mit Waffen versorgt, um seine militärische Überlegenheit über die arabischen Staaten zu sichern.« Tatsache Bis zum Jahr 1962 haben die Vereinigten Staaten Israel nur in beschränktem Umfang Waffen geliefert, darunter Munition und rückstoßfreie Gewehre. 1962 verkaufte Präsident Kennedy dann HAWK-Flugabwehrraketen an Israel, allerdings erst, nachdem die Sowjetunion Langstreckenbomber an Ägypten geliefert hatte. 1965 waren die USA Israels wichtigster Waffenlieferant geworden. Das lag zum Teil daran, dass Westdeutschland dem arabischen Druck nachgegeben hatte und keine Panzer mehr an Israel lieferte. Während des größten Teils der Amtszeit von Präsident Johnson standen dem Verkauf von Waffen an Israel jedoch entsprechende Waffenlieferungen an die Araber gegenüber. So wurde die erste Lieferung amerikanischer Panzer an Israel im Jahr 1965 durch eine ähnliche Lieferung an Jordanien aufgewogen.7 Flugzeuge lieferten die USA erst ab 1966 an Israel. Doch auch in diesem Fall wurden gleichzeitig Geheimabkommen über die Lieferung des gleichen Flugzeugtyps an Marokko und Libyen getroffen, während der Libanon, Saudi-Arabien und Tunesien weitere militärische Ausrüstung erhielten.8 Im Sechs-Tage-Krieg verhängten die Vereinigten Staaten wie schon 1948 ein Waffenembargo über Israel, wohingegen die arabischen Staaten weiterhin mit sowjetischen Waffen versorgt wurden. Israels Position wurde zusätzlich geschwächt durch den Beschluss der Franzosen, keine Waffen mehr an den jüdischen Staat zu liefern, womit auch sein zweiter wichtiger Waffenlieferant ausfiel. Erst als sich zeigte, dass Israel auf die USA angewiesen war und die Sowjetunion keine Bereitschaft erkennen ließ, ihre Lieferungen in das Krisengebiet einzuschränken, erklärte sich Präsident Johnson bereit, Israel Phantomjäger zu verkaufen, die dem jüdischen Staat zum ersten Mal einen militärischen Vorsprung verschafften. »Wir werden in Zukunft zum wichtigsten Waffenlieferanten Israels werden«, erklärte der stellvertretende Verteidigungsminister Paul Warnke gegenüber dem israelischen Botschafter Yitzhak Rabin, »und uns intensiver für die Sicherheit Israels engagieren und sie stärker mit der Sicherheitspolitik der USA verknüpfen.«9 Von diesem Zeitpunkt an verfolgten die Vereinigten Staaten eine Politik, die Israels militärische Überlegenheit über die arabischen Staaten sicherte. Daneben achteten sie jedoch immer darauf, auch die Araber mit Waffen zu versorgen. So lieferten sie hoch entwickelte Raketen, Panzer und Flugzeuge an Jordanien, Marokko, Ägypten, Saudi-Arabien und die Golfstaaten, und 1978 erhielten außer Israel auch Ägypten und Saudi-Arabien F-15-Kampfjets. 1981 wurde dann erstmals ein Waffensystem an Saudi-Arabien geliefert, das dem Land einen militärischen Vorsprung vor Israel verschaffte – AWACS-Radarflugzeuge. Heute versucht Israel, möglichst Spitzentechnologie aus den USA zu bekommen, aber auch viele arabische Staaten erhalten Panzer, Flugzeuge und Raketen der neuesten Generation von den Amerikanern. Der Vorsprung mag noch vorhanden sein, aber er ist hauchdünn geworden. »Die Vereinigten Staaten und Israel haben viele gemeinsame Ziele ... deren wichtigstes die Schaffung einer besseren Welt ist, in der jede Nation ihre Ressourcen ausschöpfen und sich in Frieden und Freiheit entwickeln kann.« Präsident Lyndon B. Johnson »Die amerikanische Hilfe für den Nahen Osten war von jeher einseitig; die Araber gingen dabei fast immer leer aus.« Tatsache Nach Israels Sieg im Unabhängigkeitskrieg entsprachen die Vereinigten Staaten der israelischen Bitte um Wirtschaftshilfe, damit der neue Staat Einwanderer aufnehmen konnte. Sie sagten Israel 135 Millionen Dollar in Form von Bürgschaftsdarlehen und Verkäufen von Überschussprodukten zu. In diesen Anfangsjahren nach der Staatsgründung (wie auch heute noch) wurde die amerikanische Finanzhilfe als eine Möglichkeit zur Förderung des Friedensprozesses betrachtet. 1951 stimmte der Kongress dafür, Israel bei den wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu helfen, die durch die große Zahl von Einwanderern – jüdischen Flüchtlingen aus den Vertriebenenlagern in Europa und den Gettos in den arabischen Ländern – entstanden waren. Daraufhin beklagten sich die Araber, dass sie von den Vereinigten Staaten benachteiligt würden, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt gar kein Interesse und auch keinen Bedarf an amerikanischer Hilfe hatten. Syrien zum Beispiel lehnte 1951 amerikanische Hilfsangebote ab. Die reichen Ölstaaten Irak und Saudi-Arabien brauchten die amerikanische Unterstützung nicht, und Jordanien stand bis Ende der Fünfzigerjahre sozusagen unter britischer Vormundschaft. Nach 1957, als die USA Jordanien zu unterstützen begannen und die Wirtschaftshilfe für Ägypten anlief, wurde die amerikanische Hilfe für die arabischen Staaten auf eine breite Basis gestellt. Darüber hinaus leisteten die Vereinigten Staaten durch die Flüchtlingsorganisation der UNO (UNRWA) von Anfang an bei weitem die größten Zahlungen an die palästinensischen Hilfsfonds, und das ist bis heute so geblieben. Israel hat von den Vereinigten Staaten seit dem Zweiten Weltkrieg am meisten direkte Hilfe bekommen, doch in der ersten Hälfte dieses Zeitraums waren die Summen noch relativ niedrig. Zwischen 1949 und 1973 zahlten die USA jährlich durchschnittlich 122 Millionen Dollar im Jahr an Israel, insgesamt 3,1 Milliarden (davon allein 1971-1973 über eine Milliarde als Darlehen für die militärische Aufrüstung). Vor 1971 erhielt Israel nur insgesamt 277 Millionen Militärhilfe, durchgängig als Darlehen. Auch der größte Teil der amerikanischen Wirtschaftshilfe ging an Israel. Aber auch die arabischen Staaten erhielten drei Mal so hohe Summen wie vor 1971, insgesamt 4,4 Milliarden bzw. 170 Millionen im Jahr. Darüber hinaus werden die arabischen Staaten im Gegensatz zu Israel, das fast ganz von den Vereinigten Staaten abhängig ist, von Asien, Osteuropa, der Sowjetunion und der Europäischen Gemeinschaft unterstützt. »Es ist meine Pflicht, dafür zu sorgen, dass unsere Israelpolitik mit unserer Weltpolitik übereinstimmt; zweitens ist es mein Wunsch, beim Aufbau Palästinas zu einem starken, blühenden, freien und unabhängigen demokratischen Staat mitzuhelfen. Er muss groß, frei und stark genug sein, um seinen Bewohnern Unabhängigkeit und Sicherheit zu garantieren.« Präsident Truman, 28. Oktober 1948 Erst von 1974 an – also nach dem Krieg von 1973 – erhielt Israel größere finanzielle Zuwendungen von den Amerikanern, und nach den Abkommen von Camp David stiegen die Beträge noch einmal stark an. Insgesamt hat das Land seit 1948 über 90 Milliarden Dollar erhalten. Das ist eine eindrucksvolle Zahl, der faktische Wert der Finanzhilfe für Israel wurde allerdings durch die Inflation geschmälert. Von 1987 bis 1999 blieb die Höhe der Hilfszahlungen konstant, der Wert des Geldes nahm jedoch ständig ab. Diejenigen arabischen Staaten, die Abkommen mit Israel geschlossen haben, wurden dafür belohnt. So ist Ägypten seit der Unterzeichnung des Friedensvertrags mit Israel der zweitgrößte Empfänger amerikanischer Auslandshilfe (jährlich 2,2 Milliarden Dollar, Israel bekommt drei Milliarden). Auch Jordanien kam in den Genuss höherer Zahlungen, seit es einen Vertrag mit Israel schloss (über 200 Millionen statt wie bisher 40 Millionen). Zudem wurden beiden Ländern ihre Schulden bei den USA in Milliardenhöhe erlassen. Und seit den Abkommen von Oslo unterstützen die Vereinigten Staaten auch die palästinensische Autonomiebehörde. »Die Vereinigten Staaten haben Israel mit Millionen von Dollar unterstützt, ohne je eine Rückzahlung zu erwarten.« Tatsache Die Wirtschaftssubventionen der Vereinigten Staaten an Israel liefen 1959 aus. Von da an bis 1985 bestand die amerikanische Unterstützung hauptsächlich in Krediten, die Israel zurückzahlte, und Überschussprodukten, die Israel kaufte. 1962 begann Israel, Waffen von den Vereinigten Staaten zu kaufen, militärische Subventionen hingegen erhielt es erst nach dem Jom-Kippur-Krieg von 1973. Die Folge war, dass das Land sich hoch verschulden musste, um seine wirtschaftliche Entwicklung und die nötig werdende militärische Aufrüstung zu finanzieren. Die nach dem Krieg von 1973 erfolgende Entscheidung, die Militärhilfe in jenem Jahr in Subventionen zu verwandeln, war auf die im Kongress vorherrschende Einschätzung zurückzuführen, dass die Kriegsgefahr im Nahen Osten ohne ein starkes Israel noch größer wäre und in diesem Fall noch höhere Kosten auf die Vereinigten Staaten zukämen. Mehrere Jahre lang wurde der größte Teil der Wirtschaftshilfe, die Israel erhielt, für die Tilgung alter Schulden verwendet. 1984 verabschiedete der Kongress einen Zusatz zum Auslandshilfegesetz, das so genannte Cranston Amendment (so benannt nach seinem Befürworter im Senat); darin wurde festgelegt, dass die amerikanische Wirtschaftshilfe an Israel »nicht unter« dem Betrag liegen darf, den Israel im Rahmen der Schuldentilgung jährlich an die Vereinigten Staaten abführen muss. »Israel fordert weiterhin hohe Zuwendungen an Wirtschaftshilfe, obwohl es als reiches Land inzwischen nicht mehr auf Unterstützung angewiesen ist.« Tatsache Seit dem Steuerjahr 1987 erhielt Israel jährlich insgesamt 1,2 Milliarden Dollar wirtschaftliche und insgesamt 1,8 Milliarden militärische Subventionen. 1998 bot Israel freiwillig an, seine Abhängigkeit von der amerikanischen Wirtschaftshilfe zu verringern. Nach einem Abkommen mit der Clinton-Regierung und dem Kongress wird die Wirtschaftshilfe in Höhe von 1,2 Milliarden Dollar jährlich um 120 Millionen reduziert und demzufolge in zehn Jahren auslaufen. Die Hälfte der jährlichen Einsparungen an Wirtschaftshilfe (60 Millionen) werden der Militärhilfe für Israel zugeschlagen; auf diese Weise wird den höheren Sicherheitserfordernissen des Landes Rechnung getragen. 1999 erhielt Israel 1,08 Milliarden Dollar Wirtschaftshilfe und 1,86 Milliarden Dollar Militärhilfe. Im Jahr 2000 wurde die Wirtschaftshilfe auf 949,1 Millionen reduziert, und bis 2002 soll sie auf 720 Millionen Dollar sinken. Die Unterstützung im militärischen Bereich stieg dagegen auf 1,92 Milliarden Dollar im Jahr 2000 und soll bis 2002 2,04 Milliarden Dollar erreichen. Israel schlug diese Lösung von sich aus vor, weil es nicht mehr im gleichen Maße wie früher auf wirtschaftliche Unterstützung angewiesen ist. Heute ist die Wirtschaft des Landes stark. Allerdings trägt Israel zurzeit noch alte Schulden bei den Vereinigten Staaten ab, die ihm im Gegensatz zu Jordanien und Ägypten nicht erlassen wurden. Im Übrigen kann das Land die amerikanische Hilfe nach wie vor gut gebrauchen. Die immense finanzielle Belastung, die die Aufnahme von Tausenden von Immigranten aus der ehemaligen Sowjetunion mit sich brachte, hohe Arbeitslosenzahlen und eine alarmierend hohe Zahl von Menschen, die unterhalb der Armutsgrenze leben, machen Israel schwer zu schaffen. Darüber hinaus hatten Zugeständnisse im Zusammenhang mit den Friedensverhandlungen die Auflösung von Militärstützpunkten und den Verlust von wertvollen Ressourcen und Arbeitskräften zur Folge, die ersetzt werden müssen. »Israel prahlt damit, dass es die viertstärkste Nation der Welt sei, folglich dürfte es auch nicht mehr auf amerikanische Militärhilfe angewiesen sein.« Tatsache Israel hat nur mit zwei seiner Nachbarn Friedensverträge geschlossen. Mit der übrigen arabischen/islamischen Welt befindet es sich nach wie vor im Krieg, und mehrere Länder, vornehmlich Iran und Irak, machen keinen Hehl aus ihrer offen feindseligen Haltung. Angesichts der ständigen Gefahr, die dieser Zustand birgt, ist es eine absolute Notwendigkeit, dass Israel seine Verteidigungskraft stärkt. Israel ist zweifellos eine starke Militärmacht, doch die Tabellen über das Rüstungsgleichgewicht zeigen, dass es seinen Feinden zahlenmäßig unterlegen ist und sich deshalb für den Fall eines Krieges ganz auf seine technische Überlegenheit verlassen muss, die nur durch den ständigen Erwerb der neuesten Waffensysteme gewährleistet werden kann. Neue Panzer, Raketen und Flugzeuge aber haben ihren Preis, und Israel kann sich die Spitzentechnologie, die es braucht, um seinen Vorsprung zu sichern, nicht aus eigener Kraft leisten; deshalb ist die Hilfe der Vereinigten Staaten in diesem Punkt lebenswichtig für die Sicherheit des Staates. Darüber hinaus werden Israels Feinde von vielen Ländern unterstützt, Israel aber ist in Fragen der Rüstung nahezu ausschließlich von den USA abhängig. »Die amerikanische Militärhilfe unterstützt israelische Rüstungsunternehmen auf Kosten der amerikanischen Industrie.« Tatsache Entgegen der landläufigen Meinung schreiben die USA nicht einfach Milliardendollarschecks aus und überreichen sie Israel, das dann nach Belieben damit verfährt. Nur etwa 26 Prozent (490 Millionen Dollar) dessen, was Israel im Rahmen der militärischen Auslandshilfe der USA – Foreign Military Financing (FMF) – erhält, darf in Israel selbst für Rüstungskäufe ausgegeben werden. Die restlichen 74 Prozent müssen für Aufträge in den Vereinigten Staaten aufgewendet werden und sorgen dort für Umsätze und Arbeitsplätze. Über tausend Firmen in 47 US-Staaten sowie im District of Columbia und in Puerto Rico haben infolge dieses Programms in den letzten Jahren Aufträge in Milliardendollarhöhe abgeschlossen. Im Folgenden sind die Zahlen von 1999 wiedergegeben:
»Israel bekam durch amerikanische Kreditbürgschaften Milliarden von Dollar aus der Tasche der amerikanischen Steuerzahler, mit denen dann in der Westbank und im Gazastreifen neue Siedlungen für russische Juden errichtet wurden.« Tatsache Seit 1989 sind etwa eine Million Juden nach Israel eingewandert. Die Mehrheit von ihnen, etwa 80 Prozent, kam aus der ehemaligen Sowjetunion. Israel muss für diese Immigranten Nahrung, Wohnraum, Arbeitsplätze und Ausbildungsmöglichkeiten schaffen. Noch größer ist die Herausforderung, wenn die Neuankömmlinge aus unterentwickelten Ländern wie Äthiopien kommen und in buchstäblich allem – von der Benutzung des Spülklosetts bis hin zum Geldabheben bei der Bank – Anleitung benötigen. Israel hat sich dieser Verpflichtung gestellt und sehr viel Geld investiert. Hohe Summen kamen dabei auch von der jüdischen Gemeinschaft in Amerika, die durch Spendenaktionen wie die United Jewish Appeal’s Operation Exodus und andere Kampagnen Milliardenbeträge bereitstellen konnte. Trotz all dem blieb die Aufgabe, vor die das Land durch den Zustrom neuer Immigranten gestellt wurde, so gewaltig, dass Israel die Vereinigten Staaten um Hilfe bat. Um den Vorgang in den richtigen Relationen sehen zu können, muss man bedenken, dass die Vereinigten Staaten – ein Land mit 250 Millionen Einwohnern und einem Bruttosozialprodukt in Billionenhöhe – jährlich etwa 125000 Flüchtlinge aufnehmen, wohingegen allein im Jahr 1990 200000 Juden nach Israel eingewandert sind. Die Vereinigten Staaten gingen der ganzen Freien Welt in ihrem Bestreben voran, den sowjetischen Juden die Ausreise zu ermöglichen. Bereits 1972 bewilligte der Kongress Mittel für die Ansiedlung sowjetischer Juden in Israel, und seit 1992 wurden 80 Millionen Dollar für diesen Zweck bereitgestellt. Nachdem die Sowjetunion ihre Tore geöffnet hatte, wurde aus dem Tröpfeln der Einwanderer eine wahre Flut. Die Zahl der Immigranten stieg explosionsartig von weniger als 13000 im Jahr 1989 auf über 185000 im Jahr 1990 an. Daraufhin bat Israel um eine andere Form der Hilfe. Die Vereinigten Staaten entsprachen dieser Bitte und gewährten dem Land 1990 400 Millionen Dollar in Form von Kreditbürgschaften, mit denen Wohnungen für die Ankömmlinge gebaut werden sollten. Bürgschaften sind keine Subventionen – nicht ein Cent amerikanischer Staatsgelder gelangte auf diesem Weg nach Israel. Der amerikanische Staat übernahm lediglich die Bürgschaft für Kredite, auf die hin die amerikanischen Banken Israel Geld zu günstigeren Konditionen liehen: zu niedrigeren Zinssätzen und mit längeren Rückzahlungszeiträumen, zum Beispiel 30 Jahre statt nur fünf oder sieben. Diese Darlehensbürgschaften haben keine Auswirkung auf die amerikanische Haushaltspolitik. Die amerikanischen Steuerzahler werden durch sie nicht belastet, es sei denn, Israel zahlt seine Kredite nicht zurück – was bisher nie vorkam. Darüber hinaus wird ein Großteil des auf diese Weise aufgenommenen Geldes in den Vereinigten Staaten für amerikanische Produkte ausgegeben, fließt also in die USA zurück. Als sich abzeichnete, dass der Flüchtlingsstrom noch größer als vorhergesehen war und jeden Monat wieder Tausende neuer Immigranten eintrafen, erkannte Israel, dass es mehr Hilfe brauchte, und bat die Vereinigten Staaten um weitere zehn Milliarden Dollar in Form von Bürgschaften. 1992 ermächtigte der Kongress den Präsidenten zu weiteren Kreditbürgschaften, um Israel bei der außergewöhnlichen humanitären Belastung zu unterstützen, die die Aufnahme und Integration der Immigranten für das Land bedeutete. Diese Bürgschaften wurden mit einer jährlichen Erhöhung um zwei Milliarden über einen Zeitraum von fünf Jahren gewährt. Während die Kosten dieser Hilfsmaßnahme für die amerikanische Regierung gleich Null waren, zahlte Israel den Vereinigten Staaten jedes Jahr Gebühren in Höhe von mehreren hundert Millionen Dollar für Verwaltungs- und andere Kosten. Nach den geltenden Richtlinien darf die amerikanische Auslandshilfe für Israel nicht außerhalb der Grenzen von vor 1967 verwendet werden. Um das Missfallen der Vereinigten Staaten an der israelischen Siedlungspolitik zum Ausdruck zu bringen, wurde der US-Präsident außerdem ermächtigt, die jährlichen Kreditbürgschaften um den Betrag herabzusetzen, der dem geschätzten Wert der vorjährigen israelischen Siedlungsaktivitäten in der Westbank und im Gazastreifen entspricht. Auf diese Weise legte, wie die Tabelle zeigt, das amerikanische Außenministerium fest, dass Israel von 1993 bis 1996 knapp 1,4 Milliarden Dollar für seine Siedlungspolitik ausgab. US-Der Präsident war jedoch umgekehrt auch ermächtigt, die Abstriche auszusetzen, wenn es im Sicherheitsinteresse der Vereinigten Staaten lag, dass Israel die Mittel voll zur Verfügung standen. Präsident Clinton machte in den letzten drei Jahren des Programms von dieser Vollmacht Gebrauch, sodass die tatsächliche Reduzierung der Bürgschaften für Israel 773,8 Millionen Dollar betrug. Die in Siedlungsprojekte fließenden israelischen Gelder hatten nichts mit den neuen Einwanderern zu tun, von denen niemand gezwungen wurde, in den besetzten Gebieten zu wohnen. So entschied sich denn auch nur ein verschwindend geringer Prozentsatz von ihnen dafür, und zwar ausschließlich freiwillig. Alles in allem war das amerikanische Kreditbürgschaftsprogramm ein voller Erfolg. Israel verwendete die Darlehen hauptsächlich zur Erhöhung des Umlaufs ausländischer Währung in der Wirtschaft des Landes und zur Verbesserung der Infrastruktur, wie zum Beispiel für den Bau von Straßen, Brücken, Abwassersystemen und Elektrizitätswerken. Darüber hinaus wurden Wohnraum und Arbeitsplätze für praktisch alle neuen Einwanderer geschaffen. Die Arbeitslosigkeit unter den Immigranten, die in den schlimmsten Zeiten 35 Prozent betrug, ist mittlerweile auf unter sechs Prozent gefallen; das entspricht etwa der Arbeitslosenrate der übrigen Bevölkerung. Das amerikanische Kreditbürgschaftsprogramm hat es Israel nicht nur ermöglicht, die vielen Einwanderer aufzunehmen, ohne das wirtschaftliche Wachstum des Landes zu gefährden. Es war darüber hinaus eine klare Aussage des Vertrauens der USA in Israels Fähigkeit, der zusätzlichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten Herr zu werden, die denn auch ihre Wirkung auf den internationalen Kapitalmarkt nicht verfehlte. Israels Kreditrahmen wurde erhöht, und das Land kann nun selbstständig Millionenkredite auf dem internationalen Finanzmarkt aufnehmen. »Israel war zu keiner Zeit von irgendwelchem strategischen Wert für die Vereinigten Staaten.« Tatsache 1952 ging Generalstabschef Omar Bradley davon aus, dass der Westen 19 Divisionen bräuchte, um den Nahen Osten zu verteidigen, und dass Israel zwei dieser Divisionen stellen sollte. Außerdem rechnete er damit, dass sich die westliche Luftstreitmacht für die Verteidigung des Nahen Ostens bis 1952 aus nur drei Staaten rekrutieren würde: Großbritannien, der Türkei und Israel. Bradleys Ansatz wurde verworfen, weil auf politischer Ebene entschieden wurde, dass es für die Vereinigten Staaten wichtiger sei, mit Ägypten und später mit dem Irak zusammenzuarbeiten. Man befürchtete, dass die Integration israelischer Streitkräfte in die Strategie des Westens die Araber vor den Kopf stoßen könnte.11 Israels überwältigender Sieg über die vereinigten arabischen Streitkräfte im Jahr 1967 führte zu einer Neueinschätzung der Situation. Im darauf folgenden Jahr verkauften die USA zum ersten Mal hochmoderne Kampfflugzeuge (Phantomjets) an Israel. Washington revidierte seine Nahostpolitik: Statt weiterhin ein Kräftegleichgewicht herstellen zu wollen, begann es, die militärische Überlegenheit Israels über seine Feinde zu sichern. Seinen strategischen Wert für die USA bewies Israel, als die Vereinigten Staaten es im Jahr 1970 um Hilfe bei der Konsolidierung der Herrschaft König Husseins baten. Israels Bereitschaft, Amman zu unterstützen, im Verein mit Truppenverlegungen an die jordanische Grenzen bewogen Syrien, die Panzer zurückzuziehen, die es zur Unterstützung der PLO-Streitkräfte des »Schwarzen September« nach Jordanien geschickt hatte. Darüber hinaus waren die Sowjets unterrichtet worden, dass die Befehlshaber der Sechsten Flotte in Israel an Land gegangen waren, um die militärischen Aktivitäten zu koordinieren.12 Anfang der Siebzigerjahre zeichnete sich ab, dass kein einziger arabischer Staat den Westen im Nahen Osten unterstützen konnte oder wollte. Der Bagdad-Pakt war seit langem abgelaufen, und die pro-amerikanischen arabischen Staaten waren äußerst schwach im Vergleich zu den anti-westlichen Kräften in Ägypten, Syrien und dem Irak. Selbst nach Ägyptens Neuorientierung infolge der Unterzeichnung des Friedensvertrags mit Israel konnten die Vereinigten Staaten im Ernstfall auf keine einzige arabische Regierung zählen. Die Carter-Administration leitete daraufhin eine Form der strategischen Zusammenarbeit (wenngleich sie nicht als solche bezeichnet wurde) mit Israel ein, indem das Land für würdig erachtet wurde, seinerseits militärische Ausrüstung an die USA zu verkaufen. Die Bereitschaft zur, wenn auch eingeschränkten, militärischen Zusammenarbeit war in den Augen Carters die Belohnung für Israels »Wohlverhalten« bei den Friedensgesprächen mit Ägypten. Mit dem Amtsantritt von Ronald Reagan wurde diese strategische Zusammenarbeit zu einer entscheidenen Größe in den israelisch-amerikanischen Beziehungen, vorläufig allerdings noch ohne dass das neue Verhältnis formalisiert wurde. Vor seiner Wahl zum amerikanischen Präsidenten hatte Reagan geschrieben: »Nur wenn wir uns der entscheidenden Rolle Israels für unsere strategische Planung bewusst sind, können wir ein solides Fundament zur Vereitelung der russischen Absichten im Hinblick auf Gebiete und Ressourcen schaffen, die von entscheidender Bedeutung für die Sicherheit und das Wohlergehen unseres Volkes sind.«13 Diese Auffassung Reagans führte zur Unterzeichnung eines Abkommens zur »strategischen Kooperation« zwischen Israel und den USA am 30. November 1981. Am 29. November 1983 wurde dann ein weiteres Abkommen zur Bildung gemeinsamer Arbeitsgruppen unterzeichnet. Dabei sollte sich die Joint Political-Military Group (JPMG) ursprünglich mit der Frage befassen, wie der Gefahr eines wachsenden Engagements der Sowjetunion im Nahen Osten begegnet werden könnte. Im Laufe der Zeit trat jedoch die Sorge über die Ausbreitung chemischer Waffen und ballistischer Raketen in den Vordergrund. Die Joint Security Assistance Planning Group (JSAP) wurde im Gefolge der israelischen Wirtschaftskrise Mitte der Achtzigerjahre gebildet. Es handelt sich um eine binationale Arbeitsgruppe, die einmal im Jahr in Washington zusammentritt, um Israels gegenwärtigen und zukünftigen Rüstungsbedarf zu eruieren. Zugleich wird im Licht der aktuellen Gefahreneinschätzung und der Budgetkapazitäten der USA über die Zuteilung amerikanischer Auslands-Militärhilfe beraten. Dass die Zusammenarbeit funktioniert, zeigte sich, als der Kongress Israel am 23. Januar 1978 per Gesetz zu einem wichtigen, nicht der Nato angehörenden Bündnispartner Amerikas erklärte. Das Gesetz machte die israelische Industrie zum gleichwertigen Wettbewerbspartner der Nato-Länder und anderer enger amerikanischer Verbündeter im Blick auf Rüstungsaufträge. »Seit der Wiedergeburt des Staates Israel bestand ein festes Band zwischen den Demokratien unserer beider Länder.« Präsident Ronald Reagan Im April 1988 unterzeichnete Präsident Reagan eine weitere Vereinbarung, die alle früheren Abkommen einschloss und die strategische Zusammenarbeit beider Länder festschrieb. Gegen Ende von Reagans Amtszeit hielten die Vereinigten Staaten und Israel regelmäßig gemeinsame Truppenübungen ab, arbeiteten gemeinsam an der Entwicklung der Arrow-Anti-Tactical-Ballistic-Missiles und waren in einer Vielzahl weiterer gemeinsamer militärischer Projekte engagiert. Seither wurde die israelisch-amerikanische Zusammenarbeit auf militärischem Gebiet ständig weiter vertieft, und heute sind die Bindungen enger denn je. Israel ist unbezweifelbar zum Bündnisparter der Vereinigten Staaten geworden. »Die amerikanische Unterstützung ermöglicht den Israelis ein bequemes Leben; deshalb sehen sie keinen Grund, das Wirtschaftssystem ihres Landes zu reformieren.« Tatsache Israel gehört zu den am höchsten besteuerten Ländern der Welt mit Einkommensteuersätzen bis zu 50 Prozent – und das in einem Land mit einem Durchschnittsverdienst von unter 16000 Dollar. Jahrelang mussten die Israelis auf Grund der außerordentlich hohen Verteidigungsausgaben ihres Staates – ca. ein Fünftel bis ein Viertel des Gesamthaushalts – ein Absinken ihres Lebensstandards hinnehmen. In den letzten Jahren hat sich die Situation vor allem dank des Friedensprozesses verbessert; die Verteidigungsausgaben sind auf 16 Prozent des Budgets gesunken. Als Israel im Rahmen des Friedensvertrags mit Ägypten auf die auf der Sinaihalbinsel angelegten Ölfelder verzichtete, verzichtete es damit auch auf die Möglichkeit einer unabhängigen Energieversorgung. Die israelische Wirtschaft ist deshalb in hohem Maße von den Schwankungen des Ölpreises abhängig. Nach den Einwanderungswellen aus der ehemaligen Sowjetunion und Äthiopien in jüngster Zeit haben die Israelis, um die Aufnahme der Neuankömmlinge zu ermöglichen, freiwillig sogar noch größere Opfer auf sich genommen. Israel weiß seit langem um die Notwendigkeit einer drastischen Wirtschaftsreform seines Landes. 1985 wurde ein Stabilisierungsprogramm auf den Weg gebracht, das mehrere Punkte umfasste: weitgehende Aufhebung der Subventionen für grundlegende Produkte und Dienste; eine starke Währungsabwertung, die zur Stabilisierung des Dollar-Wechselkurses führte; Lohn- und Preisbindungen und die Aufhebung der direkten Anpassung der Löhne und Rücklagen an die Inflation; und eine Geldpolitik, die das Kreditwachstum kontrolliert und so die Zinssätze nach oben treibt. Die New York Times fasste das Stabilisierungsprogramm und die Opfer, die es dem israelischen Volk abverlangte, damals in den plakativen Satz: »Es ist ein großer Schritt zurück – aber sie tun ihn alle gemeinsam.«14 Doch das Stabilisierungsprogramm bewirkte fast so etwas wie ein kleines Wunder. Die Inflation ging stark zurück – von dreistelligen Ziffern auf Null im Jahr 2000. Der Wechselkurs des Schekel blieb stabil, die ausländischen Währungsreserven erholten sich, der Export nahm zu und das Haushaltsdefizit schrumpfte. Heute versucht Israel, durch grundlegende strukturelle Änderungen über die Stabilisierung hinaus zu einem Wirtschaftswachstum zu gelangen. Die Kürzungen bei Nahrungsmitteln und öffentlichen Dienstleistungen, darunter auch im Gesundheits- und Bildungswesen, wurden aufrecht erhalten, die Preisbindungen wurden aufgehoben, die Steuergesetzgebung wurde reformiert, staatliche Gesellschaften privatisiert. Solche Schritte sind schmerzlich, doch die meisten Israelis wissen, dass solche unpopulären Maßnahmen unumgänglich waren. In dieser Situation war Israel froh über seinen amerikanischen Partner. Das Land erwies sich dabei als einer der wenigen Empfänger von US-Auslandshilfe, die positiv auf die amerikanischen Anstöße zu einer grundlegenden Wirtschaftsreform reagierten. »Der israelische Protektionismus behindert den amerikanischen Handel.« Tatsache Israel hat einen der offensten Märkte überhaupt für amerikanische Produkte. Die Intensivierung der israelisch-amerikanischen Handelsbeziehungen ist vorwiegend ein Ergebnis des 1985 getroffenen Freihandelsabkommens (Free Trade Agreement, FTA). Durch dieses Abkommen können amerikanische Waren frei mit europäischen Produkten, die ebenfalls freien Zugang zum israelischen Markt haben, konkurrieren. Es war das erste Abkommen dieser Art, das die Vereinigten Staaten mit einer ausländischen Regierung schlossen. Seit der Unterzeichnung des FTA sind die amerikanischen Exporte nach Israel um 437 Prozent und das Gesamthandelsvolumen zwischen den beiden Staaten um 345 Prozent auf fast 21 Milliarden gestiegen. Dieses Wachstum hat den amerikanischen Exporteuren mehr Verkäufe und höhere Profite beschert. Israel rangiert, was die Pro-Kopf-Importe amerikanischer Waren betrifft, inzwischen an zweiter Stelle nach Kanada. »Der Auftrag an Jonathan Pollard, die Vereinigten Staaten auszuspionieren, ist der Beweis, dass Israel gegen die amerikanischen Interessen arbeitet.« Tatsache Im November 1985 verhaftete das FBI Jonathan Pollard, einen Mitarbeiter des amerikanischen Marine-Geheimdienstes, unter der Anklage, Geheimmaterial an Israel verkauft zu haben. Pollard wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, seine Frau Anne zu fünf Jahren Gefängnis wegen Beihilfe. Unmittelbar nach Pollards Verhaftung entschuldigte sich Israel und erklärte, dass die Operation nicht genehmigt gewesen sei. »Angesichts der engen und besonders freundschaftlichen Beziehung« zwischen den beiden Ländern »enthält sich Israel jeglicher Geheimdienst-Tätigkeiten in den Vereinigten Staaten«, lautete die offizielle Stellungnahme der israelischen Regierung. Ministerpräsident Shimon Peres erklärte: »Spionage in den Vereinigten Staaten ist mit unserer Politik unvereinbar.«15 Die Vereinigten Staaten und Israel arbeiteten bei der Untersuchung der Pollard-Affäre eng zusammen. Die israelischen Nachforschungen ergaben, dass Pollard weder für den israelischen militärischen Abschirmdienst noch für den israelischen Geheimdienst Mossad arbeitete, sondern für eine kleine, unabhängig agierende wissenschaftliche Geheimdiensteinheit, und dass der Kontakt zu den Israelis von Pollard hergestellt wurde. Eine Unterkommission des für Fragen der Staatssicherheit zuständigen Komitees (Defense and Foreign Affairs Committee on Intelligence and Security Services) der Knesset kam zu dem Schluss: »Zweifellos ... hat die Operationsebene [i.e. die betreffende wissenschaftliche Geheimdiensteinheit, die so genannte Scientific Liaison Unit unter der Führung von Rafael Eitan] die Rekrutierung Pollards ohne Absprache mit der politischen Ebene und ohne deren direkte oder indirekte Billigung beschlossen.« Die von der Knesset beauftragte Kommission nahm die israelische Regierung wegen der mangelhaften Überwachung der betreffenden Geheimdiensteinheit streng ins Gebet. Wie den USA versprochen, wurde die Spionageeinheit, mit der Pollard zusammengearbeitet hatte, aufgelöst, die Verantwortlichen bestraft und die Dokumente zurückgegeben.16 Der letzte Punkt war entscheidend für Anklageerhebung des amerikanischen Gerichtshofs gegen Pollard. Pollard bestritt, »gegen« die USA spioniert zu haben. Seiner Aussage nach hatte er lediglich Informationen geliefert, die seiner Ansicht nach lebenswichtig für die Sicherheit Israels waren und vom Pentagon zurückgehalten wurden. Dazu gehörten Daten über sowjetische Waffenlieferungen an Syrien, über die Herstellung chemischer Waffen in Syrien und im Irak, über das pakistanische Atombombenprojekt und über libysche Luftverteidigungssysteme.17 Pollard wurde der Spionage überführt. Sein Urteil – er bekam lebenslänglich – war die höchste Gefängnisstrafe, die je für Spionage für einen Verbündeten verhängt wurde, und weit höher als die Durchschnittsstrafe für Spionage für die Sowjetunion und andere Feinde der Vereinigten Staaten.18 Obwohl dies ursprünglich von Israel bestritten wurde, gab die Regierung Benjamin Netanyahus später zu, dass Pollard tatsächlich für den israelischen Geheimdienst gearbeitet hatte, und verlieh ihm die israelische Staatsbürgerschaft. Netanyahu bat während der Nahost-Friedensgespräche auf der Wye-Plantage in Maryland im Jahr 1998 um Nachsicht für Pollard. Auch Pollards Unterstützer in den Vereinigten Staaten reichen regelmäßig Begnadigungsgesuche ein. Präsident Clinton zog eine Begnadigung angeblich in Erwägung, doch das Verteidigungsministerium und der Geheimdienst lehnten sie entschieden ab. Gegen Ende von Clintons Amtszeit wurde die Frage noch einmal aufgebracht. Senator Richard Shelby (R-AL), der Leiter der zuständigen Kommission des Senats, lehnte die Begnadigung mit der Mehrheit der Senatoren ab. »Mr. Pollard ist ein überführter Spion, der die Sicherheit unseres Volkes aufs Spiel gesetzt und das Leben unserer Geheimdienstmitarbeiter gefährdet hat«, sagte Shelby. »Ich bin der festen Überzeugung, dass Mr. Pollard jede einzelne Minute seines Urteils verdient.«19 In der Zwischenzeit haben Pollards Anwälte versucht, Zugang zu einer geheimen Erklärung des damaligen Verteidigungsministers Caspar Weinberger zu erhalten, die bei Pollards Verurteilung vorgelegt wurde. »Israel hat die USA unter falschen Vorspiegelungen dazu gebracht, dem Iran im Austausch gegen Geiseln Waffen zu verkaufen, und hat mitgeholfen, den Profit an die Contras weiterzuleiten.« Tatsache Nach dem im November 1987 veröffentlichten Bericht der Untersuchungskommission der Iran-Contra-Affäre begann der Verkauf amerikanischer Waffen an den Iran durch Israel im Sommer 1985, und zwar mit der Billigung Präsident Reagans. Dem Bericht zufolge ging die Beteiligung Israels auf das Betreiben des iranischen Waffenhändlers Manucher Ghorbanifar und eines Mitarbeiters des nationalen Sicherheitsrates (NSC), Michael Ledeen, zurück, der für den nationalen Sicherheitsberater Robert McFarlane arbeitete. Als Ledeen Ministerpräsident Shimon Peres um Unterstützung bat, erklärte sich der israelische Politiker bereit, auf Bitten der USA Waffen an den Iran zu verkaufen in der Annahme, der Verkauf sei von höchster Ebene abgesegnet.20 Bevor die Israelis tätig wurden, so der Bericht, verlangten sie jedoch »die klare, ausdrückliche und bindende Zustimmung der amerikanischen Regierung«. McFarlane erklärte vor der Untersuchungskommission, dass er die Zustimmung Präsident Reagans erstmals im Juli 1985 erhalten habe. Im August habe Reagan den ersten Waffenverkauf an den Iran dann mündlich autorisiert, gegen die Einwände von Verteidigungsminister Caspar Weinberger und Außenminister George Shultz.21 Auf Grund des Waffengeschäfts wurde Reverend Benjamin Weir, der seit 16 Monaten im Libanon gefangen gehalten wurde, freigelassen. Als im November des gleichen Jahres eine Schiffslieferung von HAWK-Raketen erfolgen sollte, forderte der israelische Verteidigungsminister Yitzhak Rabin erneut die ausdrückliche Zustimmung der amerikanischen Regierung. Nach McFarlane war der Präsident einverstanden. Im Dezember 1985 hatte der Präsident dann entschieden, dass weitere Verkäufe an die Iraner direkt aus den amerikanischen Beständen erfolgen sollten. Nach dem Bericht der Kommission verwendete Oliver North, ebenfalls Mitarbeiter des NSC, erstmals im November 1985 Gelder aus dem Iranhandel zur Finanzierung der nicaraguanischen Widerstandsbewegung. Später gab er jedoch zu Protokoll, dass die Weiterleitung der Mittel an die Contras auf einen Vorschlag Ghorbanifars zurückging, den dieser bei einem Treffen im Januar 1986 gemacht habe. Der saudische Öl- und Waffenmilliardär Adnan Kashoggi erklärte in einem Interview mit dem amerikanischen Fernsehsender ABC am 11. Dezember 1986, er habe eine Million Dollar für die Finanzierung der ersten, per Schiff erfolgten Waffenlieferung im Rahmen der Iran-Contra-Affäre vorgestreckt und vier Millionen für die zweite Lieferung bezahlt. Nach den Erkenntnissen einer Sonderkommission unter dem Vorsitz des ehemaligen Senators John Tower hatte ein ausländischer Politiker (angeblich der saudische König Fahd) zwischen Juli 1984 und April 1985 zwischen ein und zwei Millionen Dollar monatlich für die verdeckte Finanzierung der Contras gespendet. Saudi-Arabien bestritt, die nicaraguanischen Rebellen unterstützt zu haben, doch nach einem Bericht der New York Times waren die Zuwendungen nach Aussage von amerikanischen Politikern und anderen, die um das Geschäft wussten, Teil eines 1981 getroffenen Geheimabkommens zwischen Riad und Washington »zur Unterstützung antikommunistischer Widerstandsgruppen im Zusammenhang mit den hoch entwickelten amerikanischen AWACS-Radarflugzeugen«.22 Die Senatskommission lobte die israelische Regierung, weil sie detaillierte Aufschlüsse über den zeitlichen Ablauf der Ereignisse, basierend auf Dokumenten und Gesprächen mit den Schlüsselfiguten der Operation, geben konnte. Ihr Bericht stützte das Fazit der Tower-Kommission: »Die amerikanischen Entscheidungsträger fällen ihre eigenen Entscheidungen und müssen die Verantwortung für ihre Folgen tragen.«23 »Die Abhängigkeit der Amerikaner vom arabischen Öl hat sich mit den Jahren verringert.« Tatsache Das arabische Ölembargo von 1973 versetzte der amerikanischen Wirtschaft einen schweren Schlag und führte im Verein mit den nachfolgenden Ölpreiserhöhungen der OPEC und der wachsenden amerikanischen Abhängigkeit von ausländischem Öl zur Rezession Anfang der Siebzigerjahre. 1973 wurden 35 Prozent des amerikanischen Gesamtölbedarfs durch ausländisches Öl gedeckt. Im Jahr 2000 war der Anteil auf 53 Prozent gestiegen, wobei 46 Prozent der US-Importe aus den OPEC-Ländern stammten. Den ersten Platz unter den Erdöllieferanten nahm Saudi-Arabien ein; der Irak (auf Platz 5) und Kuwait (auf Platz 11) gehörten 1999 zu den 20 wichtigsten Lieferanten von Erdölerzeugnissen an die Vereinigten Staaten. Allein die Golfstaaten decken 23 Prozent der amerikanischen Erdölimporte ab.24 Durch die zunehmende Abhängigkeit von importiertem Öl wurde die amerikanische Wirtschaft noch anfälliger für Ölpreiserhöhungen, wie sie 1979, 1981, 1982, 1990 und 2000 erfolgten. Die Preiserhöhungen verschafften den arabischen ölfördernden Ländern riesige Staatseinnahmen auf Kosten der amerikanischen Verbraucher. Mit diesen Profiten wurde umfangreiche Waffenkäufe und – zum Beispiel im Irak – Atomwaffenprogramme finanziert. Amerikas Abhängigkeit von arabischem Öl ließ zu gewissen Zeiten das Schreckgespenst aufkommen, die Vereinigten Staaten könnten dazu erpresst werden, ihre pro-israelische Politik aufzugeben. Der PLO-Vorsitzende Jassir Arafat hatte diese Möglichkeit bereits 1990 angedeutet: »Wenn das Nordseeöl im Jahr 1991 versiegt, werden die Vereinigten Staaten arabisches Erdöl kaufen wollen. Und wenn auch die amerikanischen Ölfelder versiegen und gleichzeitig der Ölverbrauch in den Vereinigten Staaten immer weiter steigt, werden die Araber für Amerika immer unverzichtbarer werden.«25 Die gute Nachricht für die Amerikaner ist, dass die Haupterdöllieferanten Amerikas heute verlässlichere und bessere Verbündete sind als die Staaten am Persischen Golf. »Die großen amerikanischen Ölgesellschaften pflegen im arabisch-israelischen Konflikt nicht Partei zu ergreifen.« Tatsache Ägyptens Präsident Sadat überredete den verstorbenen König Faisal von Saudi-Arabien, dem Westen mit der Einstellung der Öllieferungen zu drohen und sich auf diese Weise die wachsende Abhängigkeit des industrialisierten Westens vom arabischen Öl politisch zu Nutze zu machen. Die Taktik hatte Erfolg: Schon bald unterstützten die großen amerikanischen Ölgesellschaften die arabische Sache in der Öffentlichkeit und arbeiteten in der Stille darauf hin, die amerikanische Hilfe für Israel zu kappen.26 Nach einem 1974 veröffentlichten Bericht des Senatsunterausschusses für multinationale Zusammenarbeit hatte das ARAMCO-Konsortium – Exxon, Mobil, Texaco und SOCAL – im Krieg von 1973 versucht, die amerikanische Luftbrücke nach Israel zu verhindern. Die in dem Verband zusammengeschlossenen Gesellschaften kooperierten außerdem eng mit Saudi-Arabien, bis hin zu dem Plan, der amerikanischen Marine kein Öl und keinen Treibstoff mehr zu liefern.27 Auch bei anderen Gelegenheiten haben die großen amerikanischen Ölfirmen die arabischen Länder unterstützt, darunter vor allem Saudi-Arabien. Die großen Ölgesellschaften unterhielten starke Lobbys im Kongress, als es im Jahr 1978 um den Verkauf von F-15 und im Jahr 1981 um die Lieferung von AWACS-Flugzeugen ging. Gemeinsam mit saudischen Mittelsmännern warben sie zahlreiche amerikanische Firmen für die Unterstützung der Saudis.28 Saudi-Arabien hat in den USA eine außerordentlich starke Lobby, weil viele der größten US-Konzerne Milliardendollargeschäfte mit dem Königreich machen. »Und jede einzelne dieser Gesellschaften«, schrieb Hoag Levins, »hatte wiederum Hunderte von Vertragspartnern, die ebenfalls von der Gnade der muslimischen Führer abhängig waren, deren Länder inzwischen den reichsten Markt der Welt darstellen.«29 Die Saudis üben immer wieder Kritik an dem in ihren Augen viel zu großen Einfluss der pro-israelischen Gruppierungen in den Vereinigten Staaten – eine Kritik, die, wie der Journalist Steven Emerson nachgewiesen hat, allenfalls in umgekehrter Richtung berechtigt ist. Emerson kam bei der Analyse der vielfältigen Verflechtungen zwischen Saudi-Arabien und amerikanischen Firmen, Universitäten, Lobbyisten und ehemaligen hochrangigen Politikern zu dem Schluss: »Dem ungeheuren Einfluss des Petrodollars ist mit gesetzlichen Mitteln überhaupt nicht mehr beizukommen. Da unzählige Firmen, Institutionen und Einzelpersonen nach Ölgeld gieren – und es auch bekommen –, ist die Wirkung des Petrodollars in der amerikanischen Gesellschaft allgegenwärtig. Die Folge davon ist, dass die Politik und die Anliegen Saudi-Arabiens und anderer ölfördernder arabischer Länder auf eine breite Basis der Unterstützung bei allen möglichen amerikanischen Institutionen, angefangen von Universitäten bis hin zum Kongress, stoßen. Die immer stärkeren wechselseitigen Verflechtungen haben längst zur Vermischung von Einzelinteressen mit nationalen Interessen geführt. Nie zuvor in der amerikanischen Geschichte ist es einer ausländischen Wirtschaftsmacht in dem Maße wie Saudi-Arabien gelungen, sich im ganzen Land mächtige Befürworter zu sichern und sie auch bei der Stange zu halten. Die Saudis haben die entscheidende amerikanische Schwäche herausgefunden: die Liebe zum Geld, und daraufhin überzog die Petrodollar-Connection die gesamten Vereinigten Staaten mit ihrem Netz.«30 »Die Vereinigten Staaten und Israel haben nichts gemeinsam.« Tatsache Die amerikanisch-israelischen Beziehungen ruhen auf einem doppelten Fundament: gemeinsamen Werten und gemeinsamen Interessen. Angesichts der gemeinsamen Interessen und Überzeugungen sollte es nicht überraschen, dass die Unterstützung für Israel zu den dezidiertesten, beständigsten außenpolitischen Anliegen der USA gehört. Obwohl Israel geografisch in einer relativ unentwickelten und eher der Dritten Welt als dem Westen nahe stehenden Region liegt, ist der jüdische Staat in weniger als einem halben Jahrhundert zu einer fortschrittlichen Nation mit allen Merkmalen einer westlichen Gesellschaft geworden. Das ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass ein hoher Prozentsatz der israelischen Bevölkerung aus Europa oder Nordamerika kam und westlich orientierte politische und kulturelle Normen in die neue Heimat mitbrachte, zum Teil aber auch die Frucht eines gemeinsamen jüdisch-christlichen Erbes. Auch Israel ist eine multikulturelle Gesellschaft, deren Bürger aus über 100 Nationen stammen; so wurden zum Beispiel in den Achtzigerjahren des 20. Jahrhunderts 45000 Juden in einer dramatischen Rettungsaktion über Luftbrücken aus Äthiopien nach Israel gebracht. Heute sind etwa vier von zehn Israelis östliche oder orientalische Juden, deren Herkunft auf die alten jüdischen Gemeinden in den islamischen Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens zurückgeht. Der israelische Staat ist zwar von Autokratien umgeben, doch die Israelis verteidigen ihre Demokratie nicht weniger leidenschaftlich als die Amerikaner. Alle israelischen Staatsbürger, ungeachtet von Rasse, Religion oder Geschlecht, genießen Gleichheit vor dem Gesetz und volle demokratische Rechte. Die Rede-, Versammlungs- und Pressefreiheit sind fest im Gesetz und in den Traditionen des Landes verankert und werden von dem unabhängigen Rechtswesen Israels garantiert. Das politische System unterscheidet sich zwar von dem der Vereinigten Staaten – Israel ist eine parlamentarische Demokratie –, beruht jedoch ebenfalls auf freien Wahlen und Parteien mit unterschiedlichen Regierungsprogrammen. Und obwohl Israel keine formale Verfassung besitzt, sind doch Grundrechte in Kraft, die ähnliche gesetzliche Garantien gewährleisten. Die Amerikaner haben die Israelis lange bewundert, zum Teil, weil sie in ihnen einen Gutteil von sich selbst wiedererkennen, von ihrem eigenen Pioniergeist und leidenschaftlichen Ringen um Unabhängigkeit. Wie die Vereinigten Staaten ist auch Israel ein Einwanderervolk. Trotz der Belastung, die es bedeutet, fast ein Fünftel des Staatshaushalts für die Verteidigung ausgeben zu müssen, konnte das Land über lange Zeiten ein außergewöhnliches Wirtschaftswachstum verzeichnen. Es ist sogar gelungen, den meisten Einwanderern Arbeitsplätze zu verschaffen. Wie in Amerika haben die israelischen Einwanderer versucht, sich und ihren Kindern ein besseres Leben zu schaffen. Manche kamen praktisch mittellos, ohne Bildung und Berufsausbildung aus relativ unterentwickelten Staaten wie Äthiopien oder dem Jemen, doch auch sie sind inzwischen zu produktiven Gliedern der israelischen Gesellschaft geworden. Erziehung und Bildung sind in Israel genauso wichtige Werte wie in Amerika. Die Israelis gehören zu den gebildetsten und am besten ausgebildeten Völkern der Welt. Täglich erscheinen 29 Zeitungen in zehn Sprachen im Land, und es werden mehr Bücher pro Kopf veröffentlicht als in allen anderen Ländern der Welt. Israel hatte von Anfang an eine Wirtschaft, in der sich nach englischem Vorbild Kapitalismus und Sozialismus mischten. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes – die in der Hauptsache nach dem Jom-Kippur-Krieg von 1973 entstanden und durch den Anstieg des Ölpreises und der Notwendigkeit, einen unverhältnismäßig hohen Anteil des Bruttosozialprodukts für die Verteidigung ausgeben zu müssen, verursacht wurden –, hatten allmählich eine Verschiebung hin zur freien Marktwirtschaft entsprechend dem Wirtschaftssystem der Vereinigten Staaten zur Folge. Amerika hat Israel in dieser Entwicklung begleitet. In den Achtzigerjahren des 20. Jahrhunderts konzentrierte sich die Aufmerksamkeit zunehmend auf die eine der beiden tragenden Säulen der israelisch-amerikanischen Beziehungen: die gemeinsamen Interessen. Es war die eine Folge der wachsenden Gefahren in der Region, die eine auf Gesetzesinitiativen basierende strategische Kooperation dringlich machten. Trotz des Endes des Kalten Kriegs spielt Israel nach wie vor eine wichtige Rolle in den gemeinsamen Bemühungen beider Länder, die amerikanischen Interessen zu schützen. Die strategische Kooperation zwischen den USA und Israel ist inzwischen so weit gediehen, dass man ohne Übertreibung von einer Allianz sprechen kann. Die amerikanisch-israelischen Beziehungen sind von Beständigkeit und Vertrauen geprägt: Die Vereinigten Staaten wissen, dass sie sich auf Israel verlassen können. Etwas schwieriger ist es, Programme auf den Weg zu bringen, die die gemeinsamen Werte und nicht nur die Sicherheitsinteressen beider Länder im Auge haben, und doch gibt es auch solche Programme. Unter der Bezeichnung Shared Value Initiatives (SVIs) beschäftigen sie sich mit einem weiten Bereich von Themen wie Umwelt, Energie, Weltraumforschung, Arbeitsplatzsicherung und Gesundheitsfragen. Fast 400 amerikanische Institutionen in 47 Staaten, dem District of Columbia und Puerto Rico werden von binationalen israelisch-amerikanischen Programmen finanziell unterstützt. Kaum bekannte Verbindungen wie das Freihandelsabkommen, ein gemeinsames Forschungsprogramm und ein Kooperationsprogramm für die Region des Nahen Ostens sowie Kontakte zu praktisch allen amerikanischen Regierungsorganen bezeugen die Tiefe dieser besonderen Beziehung. Noch wichtiger aber sind vielleicht die engen Bande Israels zu den 50 Einzelstaaten der USA und dem District of Columbia. 1 Auslandsbeziehungen der Vereinigten Staaten im Jahr 1947; DC: GPO 1948, S. 1173-4.1198-9.1248.1284. (Von jetzt an FRUS 1947.)
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