Behauptung
"Nach der Suezkrise
waren die arabischen Regierungen bereit, den israelischen Staat anzuerkennen."
"Israel hatte keinerlei Gründe für seinen Militärschlag."
"Nasser hatte das Recht, die Straße von Tiran für den
israelischen Schiffsverkehr zu sperren."
"Die Vereinigten Staaten haben Israel im Sechs-Tage-Krieg gegen
die Araber unterstützt."
"Israel hat Jordanien angegriffen, um Jerusalem zu erobern."
"Israel hätte in den Kampfhandlungen nicht die Initiative
zu ergreifen brauchen."
"Israel betrachtete die besetzten Gebiete als erobertes Land, das
von nun an zu Israel gehörte und dessen Rückgabe nicht zur
Debatte stand."
"Israel hat friedliche arabische Dorfbewohner aus der Westbank
vertrieben und sie nach dem Ende des Krieges nicht zurückkehren
lassen."
"Israel hat den Palästinensern in der Westbank,
im Gazastreifen und in Ostjerusalem unzumutbare Einschränkungen
auferlegt."
"Israel hat die USS Liberty während des Sechs-Tage-Krieges
von 1967 vorsätzlich angegriffen."
Behauptung
"Nach der Suezkrise waren die arabischen Regierungen bereit,
den israelischen Staat anzuerkennen."
Tatsache
Israel hat immer wieder seine Bereitschaft zu Verhandlungen mit seinen
Nachbarn signalisiert. In einer Adresse an die Vollversammlung der
Vereinten Nationen am 10. Oktober 1960 forderte Außenministerin
Golda Meir die arabischen Staatsoberhäupter zu einem Treffen
mit Ministerpräsident David Ben-Gurion auf, in dem über
eine friedliche Lösung des Nahostkonflikts gesprochen werden
sollte. In seiner Antwort vom 15. Oktober warf Nasser Israel vor,
es versuche, die Welt zu täuschen, und wiederholte, dass sein
Land den jüdischen Staat niemals anerkennen werde.1
Ähnlich unerbittlich verharrten die Araber in ihrer Ablehnung
von Verhandlungen über eine Lösung des Flüchtlingsproblems.
Am 26. März 1964 sagte Nasser vor der Nationalversammlung der
Vereinigten Arabischen Republik:
"Die Konfrontation durch Israel und die Konfrontation durch den
Imperialismus, der von allen Seiten an uns herandrängt, sind
zwei verschiedene Dinge. Es hat Versuche gegeben, die beiden voneinander
zu trennen in dem Bemühen, die daraus entstehenden Probleme unabhängig
voneinander zu sehen und das Ganze dann so hinzustellen, als bestünde
Israels Problem einzig und allein in der Flüchtlingsfrage und
als sei mit der Lösung des Flüchtlingsproblems die Palästinafrage
überhaupt gelöst. Die Gefahr, die von Israel ausgeht, liegt
jedoch in der Existenz Israels selbst, so wie es heute besteht und
wofür es steht."2
In der Zwischenzeit hatte Syrien von den Golanhöhen aus, die
sich etwa hundert Meter über Galiläa erheben, immer wieder
israelische Gehöfte und Dörfer unter Beschuss genommen.
In den Jahren 1965 und 1966 nahmen diese Angriffe stark zu, und Nassers
Rhetorik wurde zunehmend martialischer: "Wir werden Palästina
nicht betreten, solange sein Boden mit Sand bedeckt ist", verkündete
er am 8. März 1965. "Wir betreten es erst, wenn sein Boden
mit Blut getränkt ist."3
Wenige Monate später sprach Nasser die arabischen
Absichten offen aus:
"... die volle Wiederherstellung der Rechte des palästinensischen
Volkes. Mit anderen Worten, unser Ziel ist die Zerstörung des
Staates Israel. Unser unmittelbares Ziel dabei ist der Ausbau der
arabischen Militärmacht, und unser nationales Ziel ist die Auslöschung
Israels."4
Behauptung
"Israel hatte keinerlei Gründe für seinen Militärschlag."
Tatsache
Die aggressiven Äußerungen und unverhüllten Drohgebärden
der Araber, die schließlich faktisch in einem kriegerischen
Akt gipfelten, ließen Israel keine andere Wahl, als zu versuchen,
seinen Gegnern zuvorzukommen. Die wichtigste Voraussetzung für
das Gelingen eines solchen Präventivschlags war das Überraschungselement.
Hätte Israel die arabische Invasion abgewartet, wäre es
in ein möglicherweise tödliches Hintertreffen geraten.
Während Nasser seine Kriegshetze fortsetzte, litt Israel zunehmend
unter den Anschlägen arabischer Terroristen. 1965 kam es zu 35
Übergriffen gegen Israel; 1966 war die Zahl der Übergriffe
auf 41 gestiegen, und schon in den ersten vier Monaten des Jahres
1967 kam es zu 37 Angriffen.5
In der Zwischenzeit hatten die von den Golanhöhen aus erfolgenden
Angriffe Syriens auf israelische Kibbuzim einen israelischen Vergeltungsschlag
provoziert, bei dem israelische Flugzeuge am 7. April 1967 sechs syrische
MiGs russischer Herkunft abschossen. Kurz darauf informierte die Sowjetunion
- die Syrien und Ägypten Militär- und Wirtschaftshilfe geleistet
hatte - Damaskus darüber, dass Israel seine Streitkräfte
für einen offenbar kurz bevorstehenden Angriff zusammenziehe.
Trotz offizieller israelischer Dementis beschloss Syrien, an seinen
Verteidigungspakt mit Ägypten zu appellieren.
Am 15. Mai, dem Tag der israelischen Unabhängigkeitserklärung,
marschierten ägyptische Truppen im Sinai ein und sammelten sich
an der israelischen Grenze. Am 18. Mai bereiteten sich die syrischen
Truppen auf Kampfhandlungen auf den Golanhöhen vor.
Am 16. Mai forderte Nasser den Rückzug der UN-Friedenstruppen,
die seit 1956 auf der Sinai-Halbinsel stationiert waren. Ohne die
Angelegenheit vor die Vollversammlung zu bringen, wie sein Vorgänger
es versprochen hatte, gab Generalsekretär Sithu U Thant der Forderung
widerstandslos nach. Nach dem Rückzug hieß es in Radio
Kairo (am 18. Mai 1967):
"Ab heute gibt es keine internationalen Friedenstruppen mehr,
die Israel beschützen. Unsere Geduld ist zu Ende. Wir werden
uns nicht mehr bei den Vereinten Nationen über Israel beklagen.
Ab jetzt herrscht der totale Krieg gegen Israel, und er wird zur Auslöschung
des Zionismus führen."6
Und am 20. Mai kam das begeisterte Echo des syrischen Verteidigungsministers
Hafez Assad:
"Unsere Streitkräfte sind absolut gerüstet, nicht nur
die Aggression zurückzuschlagen, sondern auch einen Befreiungsschlag
zu starten und die zionistische Präsenz aus unserer arabischen
Heimat hinauszusprengen. Die syrische Armee, den Finger am Abzug,
ist sich einig ... als Militär bin ich der festen Überzeugung,
dass die Zeit gekommen ist, in eine Vernichtungsschlacht hineinzugehen."7
Am 22. Mai sperrte Ägypten die Straße von Tiran für
die israelische Schifffahrt und alle ausländischen Schiffe nach
Eilat. Damit war Israels einziger Zugang zu Asien blockiert und das
Land von seinem Haupt-Erdöllieferanten, dem Iran, abgeschnitten.
Am nächsten Tag erklärte der amerikanische Präsident
Johnson die Sperrung für illegal und versuchte erfolglos, eine
internationale Flotte aufzubieten, die sie aufbrechen sollte.
Nasser war sich des Drucks, den er auf Israel ausübte, völlig
bewusst. Am Tag nach der Sperrung sagte er trotzig: "Die Juden
drohen mit Krieg. Wir sagen ihnen, dass sie kommen können, wir
sind zum Krieg bereit!"8
Fast täglich forderte Nasser Israel zum Krieg heraus. "Unser
erklärtes Ziel ist die Vernichtung Israels. Das arabische Volk
will kämpfen", sagte er am 27. Mai.9 Am nächsten
Tag setzte er hinzu: "Wir sind nicht zur Koexistenz mit Israel
bereit ... Es geht heute nicht um den Frieden zwischen den arabischen
Staaten und Israel ... Der Krieg mit Israel dauert in Wirklichkeit
schon seit 1948."10
König Hussein von Jordanien unterzeichnete am 30. Mai einen Verteidigungspakt
mit Ägypten. Danach kündigte Nasser an:
"Die Heere von Ägypten, Jordanien, Syrien und Libanon sind
an den Grenzen Israels aufmarschiert ... sie werden die Herausforderung
annehmen. Hinter uns stehen die Armeen des Irak, Algeriens, Kuwaits,
des Sudan und der gesamten arabischen Welt. Das wird die ganze Welt
in Erstaunen versetzen. Heute wird sie erkennen, dass die Araber zum
Kampf bereit sind. Die Stunde der Entscheidung ist da. Die Zeit der
Erklärungen ist vorbei, die des Handelns gekommen."11
Der irakische Präsident Abdur Rahman Aref trat mit folgenden
Worten in den Krieg ein: "Die Existenz Israels ist ein Fehler,
der korrigiert werden muss. Dies ist die Gelegenheit, die Schmach
auszulöschen, die man uns seit 1948 angetan hat. Unser Ziel ist
klar: Israel von der Landkarte wegzufegen."12 Am 4.
Juni trat der Irak dem Militärbündnis von Ägypten,
Jordanien und Syrien bei.
Das verbale Säbelrasseln wurde begleitet von
der Mobilmachung der arabischen Streitkräfte. Israel war umzingelt
von etwa 250000 Soldaten (fast die Hälfte davon im Sinai), über
2000 Panzern und 700 Flugzeugen.13
Zu diesem Zeitpunkt waren die israelischen Streitkräfte bereits
seit drei Wochen in Alarmbereitschaft. Das Land konnte diese umfassende
Mobilmachung nicht endlos durchhalten noch konnte es zulassen, dass
der Seeweg durch den Golf von Akaba gesperrt blieb. Der Ausweg war
ein Präventivschlag. Am 5. Juni erfolgte der Befehl, Ägypten
anzugreifen.
Behauptung
"Nasser hatte das Recht, die Straße von Tiran für
den israelischen Schiffsverkehr zu sperren."
Tatsache
1956 hatten die Vereinigten Staaten Israel versichert, dass sie das
Zugangsrecht des israelischen Staates zur Straße von Tiran anerkannten;
1957 erklärten siebzehn Seemächte auf der Vollversammlung
der Vereinten Nationen, dass Israel das Recht habe, die Straße
zu passieren. Darüber hinaus verstieß die Sperrung gegen
die Konvention über Hoheitsrechte auf See und in den angrenzenden
Zonen, die am 27. April 1958 von der UN-Seerechtskonferenz angenommen
worden war.14
Die Sperrung der Straße war 1967 der casus belli. Israels Angriff
war die Reaktion auf diesen ersten Schlag von ägyptischer Seite.
Der US-Präsident Johnson räumte nach dem Krieg (am 19. Juni
1967) ein:
"Wenn eine einzelne, unüberlegte Handlung mehr als alle
anderen für diesen Ausbruch verantwortlich war, dann die willkürliche
und gefährliche Entscheidung, die Straße von Tiran zu schließen.
Alle Völker müssen das Recht auf freie Fahrt auf den Seewegen
haben."15
Behauptung
"Die Vereinigten Staaten haben Israel im Sechs-Tage-Krieg gegen
die Araber unterstützt."
Tatsache
Die Vereinigten Staaten versuchten bis zuletzt, den Ausbruch des Krieges
auf dem Verhandlungsweg zu verhindern, doch es gelang ihnen nicht,
Nasser und die übrigen arabischen Staaten zur Einstellung ihrer
Kriegspropaganda und ihrer kriegerischen Operationen zu bewegen. Noch
unmittelbar vor dem Krieg warnte Johnson: "Israel ist nicht allein,
so lange es nicht auf eigene Faust handelt!"16 Bei
Beginn des Krieges erklärte das Außenministerium dann:
"Unsere Position ist neutral in Gedanken, Wort und Tat."17
Hinzu kommt, dass Johnson, während die Araber die Vereinigten
Staaten fälschlich verdächtigten, Luftbrücken zur Unterstützung
Israels zu unterhalten, ganz im Gegenteil ein Waffenembargo über
das Gebiet verhängte (auch Frankreich, der zweite wichtige Waffenlieferant
Israels, hatte die Lieferung von Waffen an Israel verboten).
Im Gegensatz dazu lieferte die Sowjetunion den Arabern große
Mengen von Waffen. Gleichzeitig zogen Kuwait, Algerien, Saudi-Arabien
und der Irak Truppeneinheiten an der ägyptischen, syrischen und
jordanischen Front zusammen.18
Behauptung
"Israel hat Jordanien angegriffen, um Jerusalem zu erobern."
Tatsache
Ministerpräsident Levi Eschkol sicherte König Hussein zu,
dass Israel Jordanien nicht angreifen werde, solange von jordanischer
Seite keine Kampfhandlungen erfolgten. Als die jordanische Radarüberwachung
dann jedoch eine Staffel Flugzeuge entdeckte, die von Ägypten
her Kurs auf Israel nahm, und die Ägypter Hussein bestätigten,
dass es sich um ägyptische Flugzeuge handle, befahl Hussein,
Westjerusalem anzugreifen. Später stellte sich heraus, dass es
israelische Flugzeuge gewesen waren, die von der Vernichtung der ägyptischen
Luftwaffe am Boden zurückkehrten. Inzwischen griffen syrische
und irakische Truppen die Nordgrenze Israels an.
Hätte Jordanien nicht angegriffen, wäre der Status von Jerusalem
in diesem Krieg nicht angetastet worden. Als die Stadt jedoch unter
Beschuss stand, musste Israel sie verteidigen, und dabei ergriffen
die Israelis die Gelegenheit, ihre Hauptstadt ein für alle Mal
zu vereinigen.
Behauptung
"Israel hätte in den Kampfhandlungen nicht die Initiative
zu ergreifen brauchen."
Tatsache
Nach sechs Tagen Kampf brachen die israelischen Streitkräfte
durch die feindlichen Linien. Nun war der Weg nach Kairo, Damaskus
und Amman frei. Am 10. Juni wurde der Waffenstillstand geschlossen.
Doch der Sieg war teuer erkauft worden. Bei der Erstürmung der
Golanhöhen fielen 115 Israelis - das ist etwa die Anzahl der
Amerikaner, die bei der Operation Wüstensturm umkamen. Insgesamt
starben gemessen an der israelischen Gesamtbevölkerung etwa doppelt
so viele israelische Soldaten - 777 Tote und 2586 Verletzte waren
zu beklagen - wie amerikanische Soldaten in dem acht Jahre währenden
Krieg in Vietnam.19 Außerdem verlor die israelische
Luftwaffe trotz der schier unglaublichen Erfolge des Luftangriffs
46 ihrer 200 Piloten.20 Hätten die Israelis - wie
sie es 1973 machten - gewartet, bis die Araber den ersten Schritt
taten, und sich nicht zum Präventivschlag entschlossen, wären
die Verluste zweifellos noch sehr viel höher und der Sieg keineswegs
sicher gewesen.
Behauptung
"Israel betrachtete die besetzten Gebiete als erobertes Land,
das von nun an zu Israel gehörte und dessen Rückgabe nicht
zur Debatte stand."
Tatsache
Als der Krieg zu Ende war, hatte Israel Gebiete erobert, die mehr
als drei Mal so groß waren wie sein bisheriges Territorium.
Die Israelis kontrollierten nun 26000 Quadratmeilen statt wie zuvor
8000. Dieser Sieg ermöglichte unter anderem die Wiedervereinigung
Jerusalems. Daneben hatten die israelischen Streitkräfte den
Sinai, die Golanhöhen, den Gazastreifen und die Westbank eingenommen.
Die israelische Führung rechnete damit, in Friedensverhandlungen
mit ihren Nachbarn einzutreten, in deren Rahmen territoriale Zugeständnisse
von Seiten Israels keineswegs ausgeschlossen waren. Deshalb wurde
die Westbank nicht annektiert, sondern unter Militäradministration
gestellt.
Fast unmittelbar nach dem Krieg signalisierte Israel seine Bereitschaft,
über die Rückgabe zumindest bestimmter Gebiete zu verhandeln.
Die Tatsache, dass die Israelis nach entsprechenden Verhandlungen
mit ihren Nachbarstaaten dann auch wirklich über 90 Prozent der
in diesem Verteidigungskrieg eroberten Gebiete zurückgaben, beweist,
dass Israel zu jedem Zeitpunkt grundsätzlich bereit war, Land
gegen den Frieden einzutauschen.
Behauptung
"Israel hat friedliche arabische Dorfbewohner aus der Westbank
vertrieben und sie nach dem Ende des Krieges nicht zurückkehren
lassen."
Tatsache
Nach dem jordanischen Angriff am 5. Juni flohen etwa 325000 in der
Westbank lebende Palästinenser.21 Es waren jordanische
Staatsbürger, die aus dem einen Teil des Landes, das sie für
ihr Vaterland hielten, in einen anderen zogen. Ihr Hauptbeweggrund
dafür war, nicht zwischen die Fronten des Krieges zu geraten.
Nach Aussage eines palästinensischen Flüchtlings, des Verwalters
eines UNRWA-Lagers in Jericho, hatten arabische Politiker Gerüchte
im Lager verbreitet. "Sie sagten, alle jungen Leute würden
umgebracht. Die Leute hörten im Radio, dass dies nicht das Ende,
sondern erst der Anfang sei; deshalb dachten sie, dass der Krieg sich
möglicherweise länger hinziehen würde, und wollten
lieber in Jordanien sein."22
Manche Palästinenser flohen, weil sie es vorzogen, in einem arabischen
Staat zu leben statt unter israelischer Militärherrschaft. Die
Mitglieder mehrerer PLO-Splittergruppen wiederum flohen, um einer
Gefangennahme durch die Israelis zu entgehen. Der vom Generalsekretär
der Vereinten Nationen mit der Untersuchung der Lage der Flüchtlinge
betraute Nils-Göran Gussing stellte fest, dass viele Araber offenbar
fürchteten, sie würden das Geld, das ihnen ihre im Ausland
arbeitenden Familienangehörigen schickten, nicht mehr erhalten.23
Die israelischen Streitkräfte evakuierten lediglich eine Hand
voll Palästinenser aus "strategischen und Sicherheitsgründen".
In manchen Fällen durften sie nach wenigen Tagen zurückkehren
oder aber Israel bot an, ihnen bei der Umsiedlung an einen anderen
Ort zu helfen.24
Zum israelischen Staat gehörten jetzt über eine Dreiviertelmillion
Palästinenser, von denen die meisten der Regierung gegenüber
eine feindselige Haltung einnahmen. Dennoch wurden 1967 über
9000 palästinensische Familien wiederzusammengeführt. Letztlich
durften über 60000 Palästinenser zurückkehren.25
Behauptung
"Israel hat den Palästinensern in der Westbank, im Gazastreifen
und in Ostjerusalem unzumutbare Einschränkungen auferlegt."
Tatsache
In einem besetzten Land oder Gebiet zu leben, ist für die Einwohner
nie angenehm, doch die israelischen Behörden haben alles getan,
um die Auswirkungen der Militärverwaltung für die Bevölkerung
zu minimieren. Der Journalist Don Peretz, der häufig über
die Situation der Araber in Israel berichtete und die israelische
Regierung bei verschiedenen Anlässen scharf kritisierte, besuchte
die Westbank, kurz nachdem sie von israelischen Truppen eingenommen
worden war. Er stellte fest, dass die Israelis bemüht waren,
wieder normale Zustände herzustellen und alle Zwischenfälle
zu vermeiden, die die Araber zum Verlassen ihrer Heimat veranlassen
könnten.26
Die Verwaltung versuchte, sich so wenig wie möglich in das Leben
der Bevölkerung einzumischen; sie bestand lediglich auf der Forderung,
die Schulbücher von anti-israelischen und antisemitischen Äußerungen
zu säubern. Darüber hinaus leistete Israel den Palästinensern
wirtschaftliche Hilfe - zum Beispiel wurden sie im Gazastreifen aus
den Lagern entlassen und durften in neue Häuser einziehen. Das
führte zu Protesten aus Ägypten, das während seiner
Herrschaft über das Gebiet nichts für die Flüchtlinge
getan hatte.
Die Araber durften sich frei bewegen; auch die Aus- und Einreise nach
Jordanien wurde nicht behindert. 1972 wurden in der Westbank Wahlen
abgehalten, an denen auch Frauen und Araber, die kein Land besaßen,
teilnehmen durften - was unter jordanischer Herrschaft nicht erlaubt
war.
Die Araber in Ostjerusalem konnten zwischen der jordanischen und der
israelischen Staatsbürgerschaft wählen. Sie wurden als Bürger
des geeinten Jerusalem anerkannt, erhielten das Wahlrecht und durften
für den Stadtrat kandidieren. Die heiligen islamischen Stätten
wurden der Obhut eines muslimischen Rates übergeben. Trotz der
Bedeutung, die der Tempelberg in der gesamten jüdischen Geschichte
hatte, durften die Juden hier keine Gebete verrichten.
Nach dem Ende des Sechs-Tage-Krieges erklärte der US-Präsident
Johnson, was seiner Ansicht nach als Nächstes nötig war,
um dem Konflikt ein Ende zu machen:
"Natürlich müssen die Truppen abgezogen werden. Darüber
hinaus aber muss das Recht auf ein nationales Leben anerkannt werden;
es müssen Fortschritte bei der Lösung des Flüchtlingsproblems
gemacht werden; die freie Passage der Seewege muss garantiert sein;
das Wettrüsten muss begrenzt und die politische Unabhängigkeit
und territoriale Einheit muss respektiert werden."27
Behauptung
"Israel hat die USS Liberty während des Sechs-Tage-Krieges
von 1967 vorsätzlich angegriffen."
Tatsache
Der israelische Angriff auf die USS Liberty war ein schrecklicher
Irrtum. Er erfolgte auf Grund der allgemeinen Verwirrung auf dem Höhepunkt
der Kampfhandlungen des Jahres 1967. Nach insgesamt zehn offiziellen
Untersuchungen des Vorfalls von amerikanischer Seite und dreifacher
Prüfung durch Israel kamen beide Parteien zu dem Schluss, dass
es sich bei dem Angriff um einen tragischen Fehler gehandelt hatte.
Am 8. Juni 1967, dem vierten Tag des Sechs-Tage-Krieges, erhielt das
israelische Oberkommando die Information, dass die israelischen Truppen
in El Arisch von See aus beschossen würden - höchstwahrscheinlich
wie am Tag zuvor von einem ägyptischen Schiff. Die Vereinigten
Staaten hatten wenige Tage zuvor mitgeteilt, dass sie innerhalb einer
100-Meilen-Zone um die Kampffront keine Marineeinheiten stationiert
hätten. Dennoch kreuzte die USS Liberty, ein Schiff des amerikanischen
Geheimdienstes, das den Auftrag hatte, die Kampfhandlungen zu überwachen,
14 Meilen vor der Sinaiküste. Grund dafür waren eine Reihe
von Fehlern bei der Nachrichtenübermittlung im Stab der Vereinigten
Staaten, die dazu führten, dass die Liberty die Nachricht, dass
sie sich dem Küstenbereich auf höchstens hundert Meilen
nähern durfte, nicht erhielt. Die Israelis wiederum glaubten
in dem dicht vor der Küste liegenden Schiff die Ursache des Sperrfeuers
geortet zu haben und griffen es mit Flugzeugen und U-Booten an. Dabei
wurden 34 Besatzungsmitglieder der Liberty getötet und 171 verletzt.
Auf beiden Seiten - auf amerikanischer und israelischer - waren Fehler
gemacht worden. So hieß es zum Beispiel anfangs, die Liberty
kreuze mit einer Geschwindigkeit von dreißig Knoten vor der
Küste - was, wie sich herausstellte, nicht richtig war; ihre
Geschwindigkeit betrug nur 28 Knoten. Nach der damaligen israelischen
(und amerikanischen) Marinevorschrift galt ein Schiff mit einer solchen
Geschwindigkeit als Kriegsschiff. Als die Kämpfe begannen, hatten
die Israelis darum gebeten, die amerikanischen Schiffe von der Küste
zurückzuziehen oder ihre genaue Position durchzugeben.28 Die Sechste Flotte war daraufhin zurückbeordert worden, weil
Präsident Johnson eine Konfrontation mit der Sowjetunion befürchtete.
Gleichzeitig hatte die Luftwaffe Anweisung, die Sinai-Halbinsel weiträumig
zu vermeiden.
Israels Generalstabschef Yitzhak Rabin schrieb in seinen Memoiren,
dass die israelische Armee Order hatte, jedes unidentifizierte Schiff
in Küstennähe anzugreifen.29 Die See war an diesem
Tag ruhig, was den amerikanischen Marinegerichtshof zu dem Schluss
veranlasste, dass die Flagge der Liberty höchstwahrscheinlich
schlaff herunterhing und deshalb nicht zu erkennen war. Nach Aussage
von Migliedern der Besatzung, darunter der des Kapitäns Commander
William McGonagle, stürzte der Flaggenmast bereits beim ersten
oder zweiten Treffer um.
In einem Bericht des amerikanischen Geheimdiensts CIA über den
Zwischenfall vom 13. Juni 1967 wurde außerdem darauf hingewiesen,
dass ein übereifriger Pilot die Liberty durchaus mit dem ägyptischen
Schiff El Queisir hätte verwechseln können. Nach dem Luftangriff
identifizierten israelische Torpedoboote die Liberty als Schiff der
ägyptischen Marine. Als die Liberty das Feuer auf die Israelis
eröffnete, antworteten diese mit einem Torpedoangriff, bei dem
28 Matrosen getötet wurden.
Für die Auffassung, dass der Angriff ein tragischer Irrtum war,
spricht auch eine erst kürzlich erschienene Biografie von Yitzhak
Rabin, dem israelischen Generalstabschef im Sechs-Tage-Krieg (Dan
Kurzman: Soldier of Peace: The Life of Yitzhak Rabin; NY: HarperCollins
1998). Darin heißt es, dass die Israelis zunächst erschraken,
weil sie glaubten, ein sowjetisches Schiff torpediert und damit die
Sowjetunion mit in den Krieg hineingezogen zu haben. Deshalb waren
sie zunächst einmal fast erleichert, als sie erfuhren, dass es
sich um ein amerikanisches Schiff handelte, obwohl Rabin natürlich
fürchten musste, auf Grund dieses verhängnisvollen Missverständnisses
die so dringend benötigte amerikanische Unterstützung für
Israel zu verlieren.30
Sobald für die Israelis kein Zweifel mehr daran bestand, was
wirklich geschehen war, unterrichteten sie die amerikanische Botschaft
in Tel Aviv über den Vorfall. Sie erboten sich, alles in ihrer
Macht Stehende zu tun, um die Verletzten vom Schiff zu bergen und
das Schiff selbst zu retten. Das Angebot wurde angenommen, und ein
amerikanischer Marineattaché wurde per Hubschrauber zur Liberty
gebracht.
Viele Überlebende auf der Liberty waren und sind jedoch, wie
aus ihrer Webseite im Internet hervorgeht, überzeugt, dass der
Angriff vorsätzlich erfolgte. 1991 verkündeten die Journalisten
Rowland Evans und Robert Novak, dass sie einen Amerikaner ausfindig
gemacht hätten, der behauptete, er habe sich in der israelischen
Kommandozentrale aufgehalten, als die Entscheidung fiel, das Schiff
im vollen Wissen darüber, dass es sich um ein amerikanisches
Schiff handelte, anzugreifen.31 Der Betreffende, ein gewisser
Seth Mintz, machte jedoch einen Rückzieher und ließ in
einem Brief an die Washington Post vom 9. November 1991 wissen, dass
Evans und Novak ihn falsch zitiert hätten und der Angriff in
Wirklichkeit auf eine "Verwechslung" zurückgegangen
sei. Außerdem stellte sich heraus, dass der Mann, mit dem Mintz
ursprünglich zusammen gewesen sein will, ein General Benni Matti,
überhaupt nicht existierte.
Auch die Behauptung, ein israelischer Pilot habe das Schiff auf einer
Bandaufzeichnung als amerikanisches Schiff identifiziert, konnte nicht
durch die Vorlegung des entsprechenden Bandes bestätigt werden.
Im Gegenteil, die einzige Bandaufzeichnung, die existiert, ist das
offizielle Band der israelischen Luftwaffe, aus dem eindeutig hervorgeht,
dass die israelischen Piloten vor dem Angriff keine solche Identifikation
vornahmen. Sie belegt weiter, dass die Piloten, nachdem Zweifel über
die Identität des Schiffes aufgetaucht waren, die Nummer am Schiffsrumpf
entzifferten und den Angriff einstellten. Die Aufzeichnungen enthalten
keinerlei Aussage, die darauf hindeutet, dass die Piloten vor dem
Angriff die amerikanische Flagge erkennen konnten.32
Keiner der Kritiker Israels kann eine vernünftige Erklärung
dafür beibringen, warum das Land in einer Zeit, in der die Vereinigten
Staaten praktisch seine einzigen Verbündeten waren, vorsätzlich
ein amerikanisches Schiff angreifen sollte. Sehr viel einleuchtender
ist die Erklärung, dass Fehler in der allzu schwerfälligen
Nachrichtenübermittlung in einer Zeit höchster Anspannung
sowohl auf israelischer als auch auf amerikanischer Seite zu Missverständnissen
und Verwirrungen geführt haben (erst nach dem Ende des Angriffs
gingen fünf Orders von den Generalstabschefs ein, die das Schiff
aufforderten, sich mindestens fünfundzwanzig Meilen - in den
vier letzten Aufforderungen war dann von mindestens hundert Meilen
die Rede - von der ägyptischen Küste entfernt zu halten).
Derartige Zwischenfälle sind in Kriegszeiten nicht selten. 1988
schoss die amerikanische Marine irrtümlich ein iranisches Passagierflugzeug
ab; 290 Zivilisten kamen dabei ums Leben. Im Golfkrieg kamen 35 der
148 Amerikaner, die im Kampf fielen, im Feuer ihrer eigenen oder verbündeter
Truppen um. Im April 1994 wurden zwei amerikanische Hubschrauber,
die deutlich sichtbar die amerikanische Flagge am Heck trugen, an
einem klaren Tag in der Sperrzone über dem Irak von der amerikanischen
Luftwaffe abgeschossen; dabei starben 26 Menschen. Und noch am Tag
vor dem Angriff auf die Liberty griffen israelische Piloten versehentlich
ihre eigenen bewaffneten Kolonnen südlich von Jenin in der Westbank
an.33
Der pensionierte Admiral Shlomo Erell, der im Juni 1967 den Oberbefehl
über die israelische Marine hatte, äußerte am 5. Juni
1977 gegenüber Associated Press:
"Kein Mensch wäre auf den Gedanken gekommen, dass ein amerikanisches
Schiff sich dort aufhalten würde. Nicht einmal die Vereinigten
Staaten wussten, wo genau ihr Schiff sich befand. Wir hatten von den
zuständigen Stellen lediglich die Information, dass sich kein
amerikanisches Schiff innerhalb der 100-Meilen-Zone aufhalte."
Und Verteidigungsminister Robert McNamara erklärte am 26. Juli
1967 vor dem Kongress:
"Der Untersuchungsausschuss unter der Leitung eines Admirals
der Marine, der unser absolutes Vertrauen besitzt, kam zu dem Schluss,
dass der Angriff nicht vorsätzlich erfolgt ist."
1987 gab McNamara noch einmal seiner Überzeugung Ausdruck, dass
es sich bei dem Angriff um einen Irrtum gehandelt habe. Gegenüber
einem Anrufer in der "Larry King Show" sagte er, dass ihm
in den zwanzig Jahren, die seither vergangen waren, nichts zu Ohren
oder vor die Augen gekommen sei, das seine Überzeugung, dass
es keine "Vertuschung" gegeben habe, ins Wanken gebracht
hätte.34
Israel entschuldigte sich für die Tragödie und leistete
Wiedergutmachungszahlungen in Höhe von insgesamt fast dreizehn
Millionen Dollar an die Vereinigten Staaten und an die Familien der
Opfer. Am 17. Dezember 1987 wurde die Angelegenheit durch einen Austausch
diplomatischer Noten zwischen den beiden Regierungen offiziell beigelegt.
1 Encyclopedia Americana Annual 1961; NY: Americana Corporation 1961,
S. 387.
2 Yehoshafat Harkabi: Arab Attitudes To Israel; Jerusalem: Keter Publishing
House 1972, S. 27.
3 Howard Sachar: A History of Israel: From the Rise of Zionism to
Our Time; NY: Alfred A. Knopf 1979, S. 616.
4 Samuel Katz: Battleground-Fact and Fantasy in Palestine; NY: Bantam
Books 1985, S. 10-11.185.
5 Netanel Lorch: One Long War; Jerusalem: Keter 1976, S. 110.
6 Isi Leibler: The Case For Israel; Australia: The Globe Press 1972,
S. 60.
7 Ibid.
8 Eban, S. 330; dt. Text aus: Ingomar Reinartz (Hrsg.): Konflikt in
Nahost; Leverkusen: Heggen-Verlag 1983, S. 79.
9 Leibler, S. 60.
10 Leibler, S. 18.
11 Leibler, S. 60.
12 Leibler, S. 18; dt. Text aus: Friedrich Schreiber und Michael Wolffsohn:
Nahost; Opladen: Leske + Budrich 1993, S. 196.
13 Chaim Herzog: The Arab-Israeli Wars; NY: Random House 1982, S.
149.
14 United Nations Conference on the Law of the Sea; Genf: UN Publications
1958, S. 132-134.
15 Yehuda Lukacs: Documents on the Israeli-Palestinian Conflict 1967-1983;
NY: Cambridge University Press 1984, S. 17-18; Abba Eban: Abba Eban;
NY: Random House 1977, S. 358.
16 Lyndon B. Johnson: The Vantage Point: Perspectives of the Presidency
1963-1969; NY: Holt, Rinehart und Winston 1971, S. 293.
17 AP, 5. Juni 1967.
18 Sachar, S. 629.
19 Katz, S. 3.
20 Jerusalem Post vom 23. April 1999.
21 Encyclopedia Americana Annual 1968, S. 366.
22 George Gruen, "The Refugees of Arab-Israeli Conflict";
NY: American Jewish Committee, März 1969, S. 5.
23 Gruen, S. 5.
24 Gruen, S. 5.
25 Gruen, S. 4.
26 Don Peretz: "Israel's New Dilemma"; Middle Eastern Journal,
Winter 1968, S. 45-46.
27 Lyndon B. Johnson: Public Papers of the President; DC: GPO 1968,
S. 683.
28 Yitzhak Rabin: The Rabin Memoirs; CA: University of California
Press 1996, S. 110.
29 Rabin, S. 108-109.
30 Dan Kurzman: Soldier of Peace: The Life of Yitzhak Rabin; NY: Harper
Collins 1998, S. 224-227; Rabin, S. 108-190.
31 Washington Post, 6. November 1991.
32 Hirsh Goodman: "Messrs. Errors and No Facts", Jerusalem
Report, 21. November 1991.
33 Hirsh Goodman und Ze'ev Schiff: "The Attack on the Liberty",
Atlantic Monthly, September 1984.
34 "The Larry King Show", (Radio), 5. Februar 1987.